Die aus Georgien stammende Stuttgarterin Russudan Meipariani hätte jetzt gerne ihre neue CD „Orpheas Reise“ live mit Ensemble vorgestellt

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - Es ist immer wieder erstaunlich, wie reich und vielgestaltig Kultur aus Nationen sein kann, die an sich viel zu klein sind, als dass sie auf handelsüblichen Weltkarten dargestellt werden könnten. Das trifft etwa auf Georgien zu. Die ehemalige Sowjetrepublik ist etwa so groß wie Bayern. 1975 ist dort in der Hauptstadt Tiflis die Musikerin, Sängerin, Komponistin und Pädagogin Russudan Meipariani geboren worden, seit 1999 lebt sie in Deutschland, davon die meiste Zeit in Stuttgart. Was sie aus ihrer Heimat an musikalischen Impressionen mitbringt, hat sie schon bei etlichen Auftritten hier in der Stadt bewiesen, gerne im Laboratorium. Das hat nicht nur mit Folklore zu tun, schon in Tiflis hat sich Meipariani für die hiesige Gegenwartsmusik interessiert. Und hier hat sie dies auch einige Jahre bei dem Karlsruher Komponisten Wolfgang Rihm studiert.

 

Was da rauskommt, ist überraschend, für einige sicher auch gewöhnungsbedürftig, auf jeden Fall ist das sehr kurzweilig und poetisch. Ihre jüngste CD „Orpheas Reise“ hätte Meipariani nun auch gerne der Öffentlichkeit vorgestellt, wieder gerne im Laboratorium, aber daraus wird aus bekannten Gründen nun erst mal nichts.

Bilder aus dem Märchen „Das Mädchen auf der Windwelle“

Schade, aber immerhin: „Orpheas Reise“ gibt es nun auch auf CD. Und was da auffällt: Auf der CD sind 21 Titel, davon keiner länger als vier Minuten. Und alle sind von ganz verschiedenem Charakter. Das fällt insbesondere jenen auf, die Meipariani live kennen. Da kann ein Stück schon mal eine gute halbe Stunde dauern. Denn Meipariani hat eine Schwäche für Minimal music. Und da dauert es eben, bis alle Variationen vorgestellt wurden. Hier aber ist die Grundlage ist ein Märchen, das mit sehr vielen schicksalhaften Wendungen und Wandlungen die Selbstfindung einer jungen Heldin beschreibt. Und das in teils drastischen Bildern, die hier zusammengefasst sind unter dem Titel „Das Mädchen auf der Windwelle“.

Auch Meipariani hat dazu ihre Fassung schriftlich erarbeitet. In der Vertonung hat sie sich aber wieder davon entfernt, eher träumend oder sinnierend nähert sie sich in den kurzen Kapiteln dem Stoff. Geblieben sind bildhafte Titel wie „Schweinestall“, „Wasserarie“ oder „Waldduett“. Und wie es beim Vermitteln von Träumen so ist: Da kann man mal feststellen: Das ist sehr gut so getroffen. Das andere Mal dann aber: Das hat man sich als Hörer aber anders vorgestellt. Da sind die individuellen Wahrnehmungen eben sehr subjektiv. Aber kurzweilig ist das Ganze garantiert.

Träumerische Lautmalereien

Eingespielt hat das Meipariani mit einem bewährten Team: mit der Schwester Natalie an der Geige, dem Schwager Giga Khelaia am Cello sowie mit dem Obertonsänger und Multiinstrumentalisten David Stützel. Sie spielen mal eng zusammengeführt wie ein klassisches Ensemble, mal solistisch vereinzelt mit einem gewaltigen Klangfarbenspektrum. Herausragend an dieser Aufnahme ist die Klarheit der Stimme von Russudan Meipariani, fast schon extrem klar und entsprechend herausragend. Der Gesang selbst ist vor allem Lautmalerei, entstanden in der träumerisch-musikalischen Auseinandersetzung mit dem Stoff.

Gut herauszuhören ist auch Meiparianis Beschäftigung mit Monteverdi, insbesondere mit seinem Orfeo. Drei Jahre lang setzte sie sich intensiv mit diesem frühen Opernwerk auseinander. Und da interessierte sie im Verlauf der Arbeit weniger der Stoff selbst, sondern vor allem die barocke Musiksprache jener Zeit. Da wurden dann Spielräume in der inhaltlichen Auseinandersetzung möglich. Und so wurde dann auch – in Anlehnung an ihr Märchenthema – von der Heldin aus dem Orfeo die Orphea.