Die Erde in Indonesien kommt nicht zur Ruhe. Bundesfinanzminister Olaf Scholz denkt kurzzeitig daran, seine Reise nach Bali abzubrechen. Auf der Ferieninsel treffen sich bis zum Wochenende 25 000 Finanzfachleute auf der IWF-Herbsttagung.

Nusa Dua - Die Nachricht hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz auf dem Flug mit dem Bundeswehr-Airbus A340 nach Indonesien erreicht. Wenige Stunden vor der geplanten Landung der deutschen Delegation auf dem Flughafen Denpasar auf Bali bebte wieder die Erde. Das Beben mit einer Stärke von mindestens 6,0 ereignete sich nur 160 Kilometer von der Ferieninsel Bali entfernt, wo bis zum Wochenende die Herbsttagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank stattfindet. Rund 25 000 Finanzfachleute aus der ganzen Welt nehmen an der Tagung auf Bali teil – darunter Finanzminister und Notenbankchefs. Vor Kurzem ist die indonesische Insel Lombok von einem schweren Erdbeben teilweise zerstört worden.

 

Es besteht keine neuerliche Tsunami-Gefahr

Scholz und seine Berater hatten kurzzeitig überlegt, den Flug umzuleiten. Es wurde erwogen, die Maschine nach Bangkok oder Singapur zu dirigieren. Schnell machten Berichte die Runde, dass Delegationsmitglieder, die schon vor Ort waren, mitten in der Nacht aus den Hotelbetten gesprungen sind, um wegen der Erschütterungen ins Freie zu fliehen. Doch die Entwarnung von IWF und Weltbank kam schnell. Eine Tsunami-Gefahr bestand zu keiner Zeit. „Alle Mitarbeiter und Teilnehmer sind sicher“, teilten IWF und Weltbank mit. Es seien keine größeren Schäden aufgetreten.

Dennoch nehmen viele Delegierte mit einem flauen Gefühl an dieser Tagung teil. Manche wundern sich, warum die Organisatoren keinen Ausweichort wählten. Die indonesische Regierung hatte aber dringend darum gebeten, an der Konferenz auf Bali festzuhalten. 20 Jahre nach dem Ausbruch der asiatischen Finanzkrise sieht der Kontinent dies als Symbol, dass stabile Zeiten angebrochen sind.

Es sind aber nicht nur die Naturgewalten, die auf Bali für Gesprächsstoff sorgen. Das Treffen wird auch von den kleinen Beben an den Börsen und der Unsicherheit um die Weltwirtschaft überschattet. Ein Delegationsmitglied drückt die Stimmung so aus: „Es gibt zwar noch keinen Grund zur Unruhe, aber das könnte sich schnell ändern.“ Noch strahlt über der Weltwirtschaft größtenteils die Sonne, doch am Konjunkturhimmel ziehen dunkle Wolken auf.

Zinsanstieg belastet Schwellenländer wie Brasilien und Indien

Der Handelskrieg beunruhigt Industrie und Schwellenländer gleichermaßen. Für die Schwellenländer ist der Zinsanstieg der USA gefährlich, weil viele Investoren Kapital aus den aufstrebenden Ländern wie Brasilien, Indien, der Türkei und Argentinien abziehen. Hinzu kommt, dass die Schwellenländer Kredite in Dollar aufgenommen haben. Die steigenden Zinsen in den USA wirken damit belastend. Die Sorge des IWF ist groß, dass durch eine Schwäche der Schwellenländer die gesamte Weltkonjunktur in Mitleidenschaft gerät.

Für Industrieländer wie Deutschland sind die Exporte in Schwellenländer wie China von enormer Bedeutung. Dass die Schwellenländer zunehmend unter Druck geraten, zeigt sich auch daran, dass der IWF in diesen Regionen zunehmend als Krisenfeuerwehr auftreten muss. Allein Argentinien soll bis 2021 Stützungskredite über 57 Milliarden Dollar (49,5 Milliarden Euro) erhalten – das ist eines der größten Hilfsprogramme des IWF für ein einzelnes Land. Die Brandherde nehmen zu. Pakistan hat nun um Beistandskredite von sechs bis sieben Milliarden Dollar gebeten. Auch die ärmsten Entwicklungsländer stehen unter Druck, weil deren Verschuldung in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist. Häufig sind beispielsweise afrikanische Länder in China verschuldet, weil Peking in den vergangenen Jahren mit Krediten an ärmere Länder die eigenen Exporte anzukurbeln versuchte. Die Teilnehmer wollen auf der Herbsttagung darüber diskutieren, wie eine krisenhafte Zuspitzung verhindert werden kann.