In der Folge „Sievers und die Stille Nacht“ wird bei „Nord Nord Mord“ auch der Weihnachtsmann straffällig. Aber die ZDF-Krimireihe war schon mal flotter.

Stuttgart - Hat Sylt in einem friedlichen Jahr eigentlich dieselbe Mordquote wie Chicago in einem deftigen? Wer die Insel nur aus der ARD-Krimireihe „Nord Nord Mord“ kennt, muss diese Frage mit Ja beantworten. In der neuen Folge „Sievers und die Stille Nacht“ wird das sogar einem örtlichen Bestatter zuviel. Er hat nicht so viele leere Kühlfächer für Leichen, wie die Polizei mal wieder braucht.

 

Natürlich ist das gemessen an der Wirklichkeit zirpender Unfug. Und „Nord Nord Mord“ ist beileibe nicht die einzige Krimireihe, die ihre Realitätsferne gut gelaunt vor sich herträgt. Die Alles-nur-Spaß-Haltung ist bei den Sylteranern aber nicht bloß ein Vorwand, spannungslos herum zu planschen. Die Macher der Reihe wissen, dass Blödsinn amüsant sein sollte, um eine Existenzberechtigung zu haben. Will heißen: von den diversen gruppendynamischen Prozessen innerhalb der kleinen Polizeitruppe, von den sich offenbarenden Seltsamkeiten auf der Insel sowie vom nebenbei immer mal wieder hereinwehenden Meerbrisencharme wird man normalerweise schmerzfrei unterhalten.

Der Fluch von Weihnachten

In „Sievers und die Stille Nacht“ sind zwei Weihnachtsmänner unterwegs, die keine guten Dinge bringen, sondern wegschleppen. Bislang waren die nächtlichen Einbrecher bei einigen Insulanern sogar beliebt, weil sie nur bei richtig Begüterten zuschlugen. Nun hat es aber bei einem Überfall am helllichten Tag einen Toten gegeben, und die Polizei muss ernstlicher ermitteln. Mit amtlichen Scharfsinn nimmt sie zunächst einmal die Leute ins Visier, die gerade beim Weihnachtsmannverleih jobben.

Allerdings bringt das Drehbuch diesmal mit dem reinen Krimiplot keinen Schlitten in die Luft. Das Hin und Her zwischen „unverdächtig“ und „doch wieder verdächtig“ im überschaubaren Kreis der Involvierten ist ziemlich erzwungen, und manche zwischenmenschliche Entwicklung – der Fluch der nett gemeinten Weihnachtsfolgen – wirkt arg am Wattebart herbeigezogen.

Norddeutscher Pragmatismus

Immerhin, am Anfang gerät der Cop Hinnerk Feldmann (Oliver Wnuk) ziemlich in die Klemme, weil er sich zugetraut hat, zwei Beziehungen gleichzeitig zu jonglieren. Und immer mal wieder kommt ein trockener norddeutscher Pragmatismus zum Tragen. Wenn der Bestatter etwa abends hinzukommt, wie die Polizei eine von seinem Dach baumelnde Leiche im Weihnachtsmannkostüm begutachtet, ist ihm wichtig, dass die wegkommt, bevor die Kinder sie sehen. Aber viel Platz, wie gesagt, hat er nicht mehr.

Fans werden fraglos dran bleiben, aber für Einsteiger in die Reihe ist diese Folge weniger geeignet. Die werden in der mit „Nord Nord Mord“ gut bestückten ZDF-Mediathek fündiger, die Folge „Sievers und die Tote im Strandkorb“ mit Dieter Hallervorden etwa taugt gut für ein erstes Kennenlernen.

Nord Nord Mord: Sievers und die Stille Nacht. ZDF, 20. Dezember 2021, 20.15 Uhr. Bereits hier vorab in der Mediathek des Senders.