Wie die Jungfrau zum Kind sind Ursula und Michael Schäfer zu einer Galerie in Waiblingen gekommen. Dort servieren sie ihren Gästen Werke regionaler Künstler, derzeit von Sibylle Bross, und Kaffeespezialitäten.

Waiblingen - Das mit dem Milchschaum muss ich noch üben, sagt meine Frau.“ Doch am Cappuccino, den Michael Schäfer kurz darauf über den Tresen schiebt, gibt es rein gar nichts auszusetzen. Zum frisch gebrühten Kaffee und selbst gemachten Snacks servieren Michael Schäfer, hauptberuflich Facharzt für Allgemeinmedizin, und seine Frau Ursula echte Kunst. Denn das Ehepaar aus Waiblingen hat nun beim Beinsteiner Tor eine Galerie mit Bistro eröffnet – zu einer Zeit, in der andernorts immer mehr Galerien schließen.

 

„Wir sind dazu ein bisschen wie die Jungfrau zum Kind gekommen“, erzählt Ursula Schäfer und lacht. Wobei die Schäfers zur Kunst an sich seit Jahren eine intensive Beziehung pflegen: Beide sind Mitglieder der Künstlergruppe Art U Zehn und zeigen ihre Gemälde regelmäßig bei Ausstellungen, etwa im Waiblinger Kameralamt. Weil mit dem Rentenalter etwas Geld frei wurde, überlegten die Schäfers eigentlich, dieses in eine Wohnung zu investieren. Doch sie fanden partout nichts Passendes.

So hatten sie die Idee, stattdessen ein historisches Gebäude wieder herzurichten. Erfahrung haben Ursula und Michael Schäfer bereits mit solchen Projekten: Im Waiblinger Teilort Neustadt haben sie vor rund zehn Jahren eine betagte Scheune zu ihrem Atelier umgebaut.

Kaffee als Lockmittel

„Wir haben uns in der Stadt umgeschaut“, erzählt Ursula Schäfer. Nach mehreren Rundgängen in Waiblingen entdeckten sie schließlich ihr Wunschobjekt: ein denkmalgeschütztes Haus aus dem Jahr 1750, das zuletzt einen Imbiss mit Bierbar beherbergt hatte und ziemlich heruntergekommen war. „Wir sind mit dem Architekten durchgelaufen und er meinte, das Gebäude habe Potenzial“, erinnert sich Michael Schäfer. Zunächst allerdings hatte das alte Haus, das laut den Informationen der Schäfers nach dem Zweiten Weltkrieg Sitz einer Bäckerei und eines Cafés war, manche Überraschung für seine neuen Besitzer parat. So entpuppten sich rund 60 Prozent der Balken als marode, weil sich unter dem Außenputz Feuchtigkeit gestaut hatte. Fast zwei Jahre dauerte letzten Endes die Behandlung des angeschlagenen Patienten. „Unsere Freunde haben gesagt, ihr seid verrückt“, erzählt Michael Schäfer.

Immerhin hatte das Paar während der Renovierungsphase Zeit, sich Gedanken über die künftige Nutzung des Hauses zu machen. „Mein Mann steht kurz vor der Rente, da dachten wir, es wäre nicht schlecht, wenn er was zu tun hat“, erzählt Ursula Schäfer. Wobei derzeit noch überwiegend sie den Laden schmeißt.

Dass die Galerie mit ihren großen Fenstern, der Theke und einer imposanten Kaffeemaschine für Passanten auf den ersten Blick wie ein stylisches Café wirkt, ist durchaus gewollt. Kaum ein Normalbürger marschiere in eine Galerie, um sich die Exponate anzuschauen, sagt Ursula Schäfer: „Man muss den Leuten den Weg erleichtern, sonst traut sich keiner rein.“

Die Kunstwerke wählen die Schäfers aus

So können die Besucher nun also im Bistro Schäfer ganz entspannt eine Tasse Kaffee trinken, sich einen schwäbischen Vorspeisenteller oder andere Kleinigkeiten aus Ursula Schäfers Küche schmecken lassen und ein Schwätzle halten. Und nebenbei unverbindlich die Gemälde an den Wänden der Galerie Schäfer in Augenschein nehmen. Jedes Vierteljahr soll es eine neue Ausstellung geben. Die Künstlerinnen und Künstler werden durchweg aus der Region stammen. Eine weitere Voraussetzung, welche die Kunstwerke mitbringen müssen, nennt Michael Schäfer noch: „Sie müssen unserem Geschmack entsprechen und zu uns passen.“

Für ihre allererste Schau haben die Schäfers die Waiblinger Künstlerin Sibylle Bross ausgewählt. Sie sei eine alte Bekannte, erzählt Ursula Schäfer: „Bei Sibylle haben wir vor Jahren unsere ersten Kurse im Malen belegt.“ Die vielseitige Auswahl reicht von dem Aktbild „Liegende“ über einen farbenfrohen „Tänzer“ bis hin zu einer Strandszene in Pastelltönen. Die Werke haben Schäfers bei einem Besuch im Atelier der Künstlerin ausgewählt und nach ihren Vorstellungen in der Galerie aufgehängt. Das behalten sich die beiden auch für kommende Ausstellungen vor.