Zwei Tage nach der Inbetriebnahme des neuen Krankenhauses in Winnenden und dem geglückten Umzug trübt ein dickes Minus von voraussichtlich mehr als 26 Millionen Euro in diesem Jahr die Aussichten.

Winnenden - Zwei Tage nach der Inbetriebnahme des neuen Krankenhauses in Winnenden ist die mit dem Umzug der Patienten von Waiblingen und Backnang verbundene „logistische Meisterleistung“ im Kreistag über alle Parteigrenzen hinweg gelobt worden. Gleichzeitig aber machten auch alle Fraktionssprecher deutlich, dass die Freude über einen offenkundig gelungenen Start mehr als getrübt ist.

 

Baukosten liegen deutlich über dem Plan

Gründe für den Unmut im Gremium sind die deutlich über dem Plan liegenden Baukosten in Winnenden und insbesondere die unlängst bekannt gegebenen Defizit-Prognosen für den laufenden Betrieb der Rems-Murr-Kliniken. Demnach wird das Minus in diesem Jahr bei mehr als 26 Millionen Euro liegen, veranschlagt worden waren „lediglich“ gut 15 Millionen. Der Kreiskämmerer hatte den Räten im zuständigen Ausschuss zwar bereits einen Vorschlag unterbreitet, wie das unvorhergesehene Loch im Haushaltsplan gestopft werden soll (wir berichteten), doch eine entsprechende Beschlussvorlage wurde am Montag kurzerhand wieder von der Tagesordnung der Kreistagssitzung in Backnang genommen. Im Ältestenrat des Kreistags waren zuvor offenbar mangelnde Informationen über die Prognose der finanziellen Klinikentwicklung moniert worden.

In der Sitzung in Backnang machten die Fraktionssprecher aus ihrem Unmut über die „deprimierende finanzielle Hochrechnung“, wie sie die CDU-Kreisrätin Ute Ulfert bezeichnete, keinen Hehl. Nicht alles könne durch die Pannen auf der Baustelle begründet werden. So habe sich wohl leider auch die Vermutung der Neubaukritiker als richtig erwiesen, dass die Wirtschaftlichkeitsberechnung schon vor der Realisierung des Projekts zu optimistisch angesetzt worden sei. Davon, dass die Kliniken vom Jahr 2017 an einen jährlichen Überschuss von fünf Millionen Euro erwirtschaften, sei man jedenfalls noch weit entfernt.

Auch Christa Elser (SPD) äußerte Zweifel daran, dass die Gründe für die Kostenexplosion ausschließlich auf der Baustelle zu suchen seien. Möglicherweise sei man bei der Prognose von falschen Annahmen ausgegangen, vielleicht gar habe sich der Gutachter bei der Berechnung von einer gewissen Dienstbarkeit gegenüber seinem Auftraggeber beeinflussen lassen.

„Pfusch am Bau“ als Dilemma

Susanne Fauth-Rank (Grüne) nannte Pfusch am Bau, der sich zu einem Alptraum entwickelt habe, als eine Hauptursache für das Dilemma, in das der Kreis hineingeraten sei. Es müsse sich nach den Erfahrungen freilich die Frage stellen, ob derartige Großprojekte von kommunaler Seite heute überhaupt noch gut zu meistern seien.

Jochen Haußmann (FDP) sprach von einer Klinik, die sich schon vor ihrer Inbetriebnahme auf die betriebswirtschaftliche Intensivstation begeben habe. Er mahnte an, die Finanzplanung deutlich über das kommende Jahr hinaus fortzuschreiben. „Wir brauchen einen Ausblick, wo die Reise der Kosten hingeht.“

Nicht nur dies will auch der Freie-Wähler-Rat und Waiblinger Oberbürgermeister Andreas Hesky offen gelegt haben. „Wir brauchen klare Zeichen, dass und wo gekürzt wird.“ Das Schicksal der Klinik sei auch das Schicksal des Landkreises.

Der Landrat Johannes Fuchs räumte ein, dass der Gutachter dem Aufsichtsrat der Kliniken bereits einen „Entwurf einer aktualisierten Wirtschaftlichkeitsprognose“ vorgelegt habe. Von diesem seien aber noch einige Parameter zu prüfen. Überdies müsse nun alles getan werden, damit der Gesundheitscampus schnell aus den Startlöchern komme, so Fuchs.

Die Kosten explodieren

Bau
Die aktuellste Kalkulation geht davon aus, dass das neue Klinikum in Winnenden in der Endabrechnung 294,5 Millionen Euro kosten wird. Als schlimmstes Szenario werden 297,5 Millionen Euro angegeben. Nicht wenige halten es aber für wahrscheinlich, dass die 300-Millionen-Euro-Marke überschritten wird.

Betrieb
Auf 26,2 Millionen Euro wird das Defizit der Rems-Murr-Kliniken zum Ende dieses Jahres mittlerweile geschätzt. Ausgegangen war man bisher von 15,6 Millionen Euro. Auch für das kommende Jahr rechnet man mit einem Minus von 16,6 Millionen Euro. Eigentlich hätte von 2015 an bereits eine schwarze Null geschrieben werden sollen.