Mit mehr Aufenthaltsqualität in der Innenstadt will Schorndorf die Abwärtsspirale im Einzelhandel stoppen. Testweise soll es im Sommer 2024 sogar einen Sandstrand geben. Der kommt nicht bei allen gut an.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Den asphaltierten Bereich unterhalb des Rathauses hätte der Schorndorfer Oberbürgermeister Bernd Hornikel am liebsten schon bei seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr zur autofreien Zone erklärt. Denn als Parkfläche taugt der in der Daimlerstadt als Unterer Marktplatz bekannte Bereich allenfalls eingeschränkt. Nur 18 Stellplätze hat die Bitumen-Wüste zu bieten, die Suche nach einer freien Lücke in bester Innenstadtlage gleicht einem Lotteriespiel. Wer es als Autofahrer in Schorndorf wirklich eilig hat, steuert den Unteren Marktplatz gar nicht erst an – das Risiko, keinen Parkplatz zu finden und unverhofft wieder umdrehen zu müssen ist wegen des begrenzten Angebots zu hoch.

 

Wären Autos nicht mehr da, gäbe es mehr Optionen für Veranstaltungen

Der Suchverkehr bei der Verwaltungszentrale ist auch der Stadt ein Dorn im Auge, ganz zu schweigen vom für die Optik eher störend wirkenden Blech. „Ein Prozent der Parkplätze beansprucht zehn Prozent der Innenstadtfläche“, bringt es Lars Scheel auf den Punkt. Er leitet in Schorndorf den Eigenbetrieb für Tourismus und Citymanagement und würde sich schon aus beruflichem Antrieb eine Aufwertung des Stadtbilds wünschen. Wäre der Untere Marktplatz von geparkten Autos befreit, so seine Sicht, könnte er auch besser als Event-Zone genutzt werden – mit neuen Möglichkeiten für Veranstaltungen wie den Weihnachtsmarkt oder das fünftägige Stadtfest Schowo, das dieses Jahr wegen der Bauarbeiten für die neue Stadtbücherei ohnehin in die Weststadt auf den Rosenplatz umziehen muss.

Auch für den Wochenmarkt könnte der Untere Marktplatz ein denkbarer Standort sein, wenn sich unterhalb des Rathauses nicht mehr Karosse an Karosse reiht. Denn aufgefallen ist der Rathausspitze bei einem kritischen Blick auf die Innenstadt auch, dass der Marktplatz selbst ebenfalls ein wenig mehr Belebung vertragen könnte. Zwar gibt es nach einer internen Zählung jährlich bis zu 145 Veranstaltungstage, an denen vor dem Rathaus buchstäblich die Hütte brummt. Doch die auf den ersten Blick beachtlich erscheinende Quote bedeutet auch, dass der mittlere Marktplatz mehr als die Hälfte des Jahres ungenutzt bleibt – und als Anziehungspunkt für die Bürgerschaft brach liegt. Über das nackte Pflaster flanieren mag auf dem baumlosen Geviert jedenfalls kaum jemand, schattige Plätzchen fehlen ebenso wie Ruhebänke.

Gedacht ist an Bäume, Außengastronomie und Wasserspiele

Aufgekeimt sind in Schorndorf deshalb Gedankenspiele, dem Marktplatz durch eine gestalterische Aufwertung ein Stück mehr Aufenthaltsqualität zu gönnen. Im Gespräch sind Wasserspiele und Außengastronomie, selbst von einer Baumreihe oder am Rand des Platzes sprießenden Gehölzen ist im Rathaus die Rede. Entschieden ist zwar noch nichts. Doch eingeschworen auf eine Innenstadt mit mehr Grün vor den schmucken Fachwerkfassaden hat der OB die Lokalpolitik jüngst bei einer Klausur des Gemeinderats bereits. Und bei einer Infoveranstaltung im Rathaus hat die Stadt jetzt auch versucht, den Schorndorfer Einzelhändlern und Gastronomen die Idee von der Wohlfühlzone schmackhaft zu machen. „Wir müssen die Abwärtsspirale aufhalten“, sagt OB Bernd Hornikel mit Blick auf die bereits mit Parkplätzen direkt vor der Ladentür leer stehenden Geschäfte in der Innenstadt.

Ein erster Schritt könnte ein Stadtstrand sein, den das Schorndorfer Rathaus im Sommer 2024 auf dem Unteren Marktplatz aufschütten lassen will – mit Liegestühlen im Sand, einer kleinen Event-Bühne und Sommer-Feeling unter Palmen. Gehen die Bürgervertreter den Weg mit, könnte die Partymeile ein Testlauf für eine generelle Umgestaltung sein. Erhofft wird im Rathaus auch Rückenwind, um einen planerischen Wettbewerb für den gesamten Marktplatz zu starten. Gescheitert sind alle Vorstöße für eine autofreie Zone bisher am Widerstand der sich wegen des drohenden Parkplatz-Verlusts um ihre Kunden sorgenden Händler.

Der Verlust von Parkplätzen kommt bei Einzelhändlern nicht gut an

„Sie können alles ein bisschen hübscher machen, aber drei Viertel der Kundschaft kommt nun mal mit dem Auto“, war auch bei der durchaus kontrovers geführten Diskussion beim Infoabend wieder zu hören. Vermutet wird unter Einzelhändlern, dass ein Stadtstrand eher unliebsames Klientel als zahlungskräftige Kundschaft anziehen könnte – und sich die erhoffte Belebung als Rohrkrepierer erweist. Im Gespräch ist eine Umgestaltung nicht nur für den Marktplatz, sondern auch für zwei weitere Bereiche. Beim bisher ebenfalls als Parkfläche genutzten Archivplatz muss sich schon durch den Bau der Stadtbücherei etwas tun, gedacht ist an eine grüne Oase mit Lesehof und Schatten spendenden Bäumen. Dritter Baustein ist die Gottlieb-Daimler-Straße, wo der Weststadtverein sich ohnehin für Verkehrsberuhigung einsetzt. Deshalb soll es mit Gastro-Tischen, Pflanzkästen und Straßenbemalung jetzt testweise eine Sommerstraße geben.