Das Donauschwäbische Zentralmuseum in Ulm ist runderneut – und wendet sich verstärkt an ein jüngeres Publikum.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Schließen oder etwas ganz Neues machen, auf eine so harte Entscheidung steuern zum Glück wenige Museen zu, aber beim Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm ist diese Frage in den vergangenen Jahren immer näher gerückt. Das lag nicht so sehr an den zunehmend angestaubten Artefakten, die sich im schummrigen Kasemattenlicht eines Teils der historischen Bundesfestung nahe der Donau verteilen. Es hatte mit dem Zielpublikum zu tun, das sich vor 20 Jahren noch aus der riesigen Masse der Vertriebenen speiste, die nach Ende des Zweiten Weltkriegs aus Ungarn, Rumänien und Jugoslawien nach Deutschland strömten, Rückweg ausgeschlossen. Die Integration dieser Menschen war eine schwierige gesellschaftliche Aufgabe. Das Ulmer Museum kam ihr als Erinnerungsort auf bedeutende Weise nach.

 

Ein Menschenalter nach Ende des Zweiten Weltkriegs gibt es diese Vertriebenen kaum mehr. Wie der langjährige Museumsdirektor Christian Glass, der im kommenden Jahr in den Ruhestand tritt, es geschafft hat, die Politik zu einer rettenden Infusion für sein Haus zu bewegen, kann er selber kaum erklären, aber es ist so. Kürzlich hat eine neu konzipierte Ausstellung eröffnet. Die Kosten von 1,56 Millionen Euro teilen sich Stadt, Land und Bund zu gleichen Teilen.

Düsternis und Freude sind Teil der Geschichte

Die Geschichte der Donauschwaben ist nicht verschwunden, jetzt aber nurmehr Teil einer Betrachtung dieses 2880 Kilometer langen Flusses, der im Schwarzwald entspringt und zehn europäische Länder durchfließt, so viele wie kein anderer Strom auf der Welt. Die Ukraine gehört dazu, eine durch grausame Realitäten bewirkte Relevanzsteigerung der neuen Schau, auf die Glass allerdings gern verzichtet hätte. Es sind die alten Kriege, die sich abbilden, zum Beispiel im Drama von Kladovo im Dezember 1939, als gut 1000 Juden versuchten, mit einem Expressdampfer von Bratislava aus vor den Nationalsozialisten via Schwarzes Meer Richtung Palästina zu entkommen. Doch in Kladovo, an der Grenze zu Rumänien, stoppte ein Wintereinbruch die Fliehenden. Nur 200 von ihnen – fast alle Jugendliche – erhielten am Ende Einreisepapiere für Palästina, alle anderen wurden ermordet.

So düster ist die neue Ausstellung nur an dieser Stelle, ihr Konzept zielt stark auf Erhalt und Fortschritt, man könnte auch sagen auf die Zukunft des multi-multikulturellen Lebensraums Donau. Schulklassen, die womöglich bald wieder zahlreicher kommen, erfahren auch weiterhin, dass Ulm schon im 16. Jahrhundert reich geworden ist durch den Warenverkehr mit Handelszillen, so genannten Ulmer Schachteln. Die kiellosen Boote waren auf eine Weise zusammengezimmert worden, dass sie an ihren Zielorten stromabwärts im Osten zerlegt und das Holz verkauft werden konnte. Daneben geht es beispielsweise auch stark um Ökologie. Flüsse können Trennlinien bilden oder Erholungsräume sein, immer sind sie aber auch Alarmmelder für den Zustand der Naturräume, durch sie fließen. Wie mit wissenschaftlichen Methoden Wasserqualität und Artenreichtum gemessen wird, was Schwemmgut erzählt, das ist im Museum neu erfahrbar.

Konflikt zwischen Wirtschaftlichkeit und Natur

Geschichten gibt es obendrein, die auf das Bedürfnis des Publikums nach Unterhaltung zielen. Mit Märchen und Sagen von Flussgeistern oder Feen startet die neue Ausstellung, auch vom Donausaurier. Letzteren gab es wirklich, es handelte sich um einen Stör, der bis zu acht Meter lang werden konnte, bevor die Verbauung des Flusses allen Fischwanderungen ein Ende bereitete. Allerdings: Die Frühgeschichte der Menschheit vor 40 000 Jahren, als der Flusslauf den ersten Eiszeitjägern die Schrittrichtung Richtung Westen vorgab, überlässt das Museum der Expertise spezialisierter Häuser wie dem Urgeschichtlichen Museum in Blaubeuren. Die neu behandelte modernere Zivilisationsgeschichte bietet schließlich Stoff in Überfülle.

Schrecklich ist also die Donau, aber ebenso schön. Sie führt zu Eisenzäunen wie in Wiener Kaffeehäuser gleichermaßen, ist Inspiration für Walzer-Komponisten und Maler oder Kulisse für die Faschingsfeste im südungarischen Mohács. Dieser Fluss, der alles ist und sein kann, wäre auch geeignet, Kulturen und Völker in Frieden zu verbinden. Er bräuchte dazu aber mehr Menschen, die ihm aufmerksam zuhören. So wie in Ulm.