Studenten und andere Nutzer haben den Neubau der Württembergischen Landesbibliothek an der B 14 schon fünf Tage vorher in Beschlag genommen. Jetzt folgte die offizielle Eröffnung mit geladenen Gästen.

Lokales: Alexander Ikrat (aik)

Stuttgart - Das Stirling Quintett spielt auf dem Podium mit fünf verschiedenen Blasinstrumenten das Divertimento Nr. 14 von Wolfgang Amadeus Mozart und steht damit irgendwie sinnbildlich für die Veranstaltung. Mozart schrieb diese heitere Instrumentalkomposition eigentlich für sechs Bläser, aber das Fehlen eines Akteurs merkt man dem blendend aufgelegten Quintett ebenso wenig an wie dem 58 Millionen Euro teuren Bau der Architekten Lederer, Ragnarsdóttir, Oei den Mangel mehrerer wichtiger Bausteine zur offiziellen Eröffnung.

 

Anders als vom Landesfinanzministerium zu Wochenbeginn in die Redaktionen gesendet, ist der jetzt schon beliebte Neubau der Württembergischen Landesbibliothek nämlich alles andere als „fertiggestellt“. Der Hauptzugang beispielsweise war zur feierlichen Eröffnung mit insgesamt 180 geladenen Gästen, die sich am Samstag Corona-konform in Fünfergruppen und mit Schutzmasken die Innenräume der Bibliothek vorführen ließen, nur ausnahmsweise geöffnet. Seit Montag vergangener Woche gelangen die Nutzer durch den unscheinbaren Eingang der Caféteria an der B 14 ins Gebäude. Der Haupteingang mit dem Vorplatz über dem maroden Magazin der Institution wird laut Direktor Rupert Schaab erst im Sommer des nächsten Jahres fertig.

Caféteria nimmt im Januar den Betrieb auf

Auch die Caféteria selbst lässt noch auf sich warten. „Anfang Januar wollen wir hier starten“, sagt Schaab, dann beginnt der Vertrag mit dem Betreiber vom Rudolf-Sophien-Stift. Noch etwas früher soll die aktuell noch geschlossene Tiefgarage mit 270 Stellplätzen, die alte hatte 400, in Betrieb genommen werden. Einige Restarbeiten stehen noch aus, so Schaab, Ende des Jahres dürfte es allerdings so weit sein. Das Ministerium, das die Garage offenbar ebenfalls schon fertig wähnt, betont dazu: „Im Sinne einer autofreien Stadt der Zukunft kann die Tiefgarage zu Büchermagazinen umgenutzt werden.“ Zunächst einmal werden sich auch die zahlreichen Besucher des Justizviertels über zusätzliche Parkmöglichkeiten diesseits der Kulturmeile freuen.

Die Kulturmeile als Blase für wenige?

Zu dieser schlägt Andreas Hofer, Intendant der Internationalen Bauausstellung IBA’27 Stadt Region Stuttgart, in einem der Vorträge im Rahmen der Eröffnung nachdenkliche Töne an. Hofer nennt die Bibliothek zwar einen „weiteren Schritt zur Aufwertung der räumlichen Qualität dieser Stadt“. Für ihn trägt die Kulturmeile aber auch „zur Spaltung von Zentrum und Peripherie“ in Stuttgart und der Region bei. „Ich habe ein bisschen Angst, dass wir hier eine Blase bilden“, sagt Hofer, in die weniger kulturbeflissene Menschen keinen Zugang mehr finden könnten. „Das ist ein Appell für die Fläche“, gibt der Schweizer den Zuhörern mit, dass sie sich auch anderswo als an der Konrad-Adenauer-Straße für Kultureinrichtungen einsetzen sollen.

Die Landesbibliothek möchte sich gleich von Montag an noch ein Stück mehr öffnen: dann beginnt tatsächlich die wegen Corona schon mehrfach verschobene Ausstellung zum 250. Geburtstag des Dichters Friedrich Hölderlin. Die meisten seiner erhaltenen Handschriften liegen in der Bibliothek, einige davon können nun bei freiem Eintritt besichtigt werden.