Der „Miss Germany“-Wettbewerb hat sich runderneuert. Eine reine Frauen-Jury hat nun die Siegerin gekürt. Die sagt: Ihren Lebenstraum habe sie sich noch nicht erfüllen können.

Rust - Leonie Charlotte von Hase steht, als sie zur Gewinnerin erklärt wird, mit Siegerpose auf der Bühne. Die Hände in die Luft gestreckt und zu Fäusten geballt. Umringt von den anderen Frauen, die sich Hoffnung auf den Sieg gemacht haben. „Es ist die Nacht der starken Frauen“, sagt die 35-Jährige, bevor sie die Krone trägt. Die Online-Unternehmerin aus Kiel ist neue „Miss Germany“. Gekürt wurde sie in der Nacht zum Sonntag im Europa-Park in Rust bei Freiburg.

 

Am Ende steht die Siegerin fest, die dem neuen Frauenbild und Rollenverständnis der „Miss“-Wahl entsprechen soll. Von Hase ist laut Veranstalter die älteste „Miss Germany“ in der Geschichte des seit 93 Jahren laufenden Wettbewerbs. Zudem ist sie die erste Mutter, die den Titel trägt. Sie hat nach eigener Aussage einen drei Jahre alten Sohn. In Kiel, wo sie mit Sohn und Partner lebt, betreibt sie als selbstständige Unternehmerin einen Internet-Shop für Vintage-Kleidung.

Einmal um die Welt

„Charakter kommt mit Lebenserfahrung“, sagt die Frau mit blonden Haaren und grünen Augen, als sie nach ihrer Vita befragt wird. Geboren und aufgewachsen ist sie in Namibia. Die Eltern und ihre drei Schwestern leben noch heute dort. Zur „Miss Germany“-Wahl sind die Eltern und zwei der Schwestern aus Namibia angereist.

Nach dem Abitur studierte von Hase, die die deutsche Staatsangehörigkeit hat, Marketingstrategie und tourte rund um den Globus. „Ich hatte das Bedürfnis, die ganze Welt kennenzulernen.“ Sie lebte in Athen, London, Mailand, Kapstadt und Berlin. Und arbeitete als Werbetexterin, Marketingexpertin, Stylistin und Einkäuferin für ein Design-Start-up. In Kiel, wo die Familie ihre Wurzeln hat und der Großvater lebte, ist sie seit fünf Jahren sesshaft geworden.

Als „Miss Germany“ wolle sie für die moderne Frau ab 30 stehen, sagt sie. „Ich werde nicht ein Jahr lang eine Schaufensterpuppe sein.“ Sie wolle dafür werben, dass Frauen eigenständig und selbstbewusst sein könnten. Auch, was das Outfit betreffe: „Weiblichkeit wird nicht durch Kleidung definiert.“ Sie selbst trage am liebsten Hosenanzüge: „Ich brauche kein Kleid, um meine Femininität auszudrücken.“

Mehr als 200 Auftritte in der Amtszeit

Ihre Lebenstraum konnte sie sich bislang nicht erfüllen: „Ich wollte immer schon Theaterschauspielerin werden. Das ist das, was ich in meinem Herzen machen will.“ Geklappt habe es bislang nicht.

Als „Miss Germany“ erwarte von Hase in ihrer ein Jahr dauernden Amtszeit mehr als 200 Auftritte und Termine. Den Job der Schönheitskönigin muss die Frau aus Kiel nicht alleine machen. Ihr zur Seite stehen zwei Vize-Königinnen: die Studentinnen Lara Rúnarsson (22) aus Waldbüttelbrunn bei Würzburg in Bayern und Michelle-Anastasia Masalis (23) aus Hamburg.

Weiblichen Rückhalt hatten bei dem Wettbewerb alle der 16 Finalistinnen im Alter von 18 bis 35 Jahren: Die Jury, die „Miss Germany“ wählt, bestand erstmals komplett aus Frauen. „Es war schön, Frauen in ihrer ganzen Vielfalt und mit ihrer ganzen Geschichte zu erleben“, sagt RTL-Moderatorin Frauke Ludowig (56), die in der Jury saß. Deutschland könne stolz auf seine Frauen sein.

„Ich habe viel in meinem Leben erlebt“, sagt von Hase zu Beginn der Veranstaltung in der Vorstellungsrunde. „Aber ich habe das Gefühl, dass es jetzt erst richtig losgeht.“ Am Ende des Abends geht sie, mit Titel und Krone, als Siegerin von der Bühne.