Die neue Planung für den Schwabenlandtower sorgt im Jahr 2019 für Staunen und verzögert die Baufreigabe weiter. Im Innern laufen die Bauarbeiten auf Hochtouren. Allerdings wird dabei erst einmal entfernt, was schon eingebaut war.

Fellbach - Ein weiteres Jahr voller Überraschungen – so stellte sich 2019 für den Fellbacher Tower dar. Gerettet schien der Pleite-Bau schon Ende 2018 zu sein. Doch was die Käuferin, die Berliner CG-Gruppe des Bauunternehmers und Investors Christoph Gröner sich anschickte, mit dem Tower anzustellen, lässt staunen.

 

Die CG-Gruppe, eine Projektentwickler-Firma, die im großen Stil agiert, begnügt sich keineswegs damit, die alten Pläne des insolventen Gewa-Towers einfach zu übernehmen und den Turm nach ihnen fertig zu bauen, nachdem sie ihn mit einigen Verzögerungen endlich vollständig bezahlt hatte. Damit hätte sie schon längst anfangen können. Bundesweit bauen die Berliner vor allem Mietwohnungen, doch dafür erschienen ihr selbst die angeblichen Luxuswohnungen der Pleite-Firma Gewa nicht gut genug.

„Neu nachgedacht“ über das Superhochhaus

Monatelang habe man über den Tower neu nachgedacht, sagte der Backnanger Architekt Jörg Wolf im Oktober und präsentierte überarbeitete Pläne. Das Ergebnis des Nachdenkens verblüffte: Fast alle noch von der Gewa beauftragten und erledigten Einbauten waren den neuen Ansprüchen im Weg. Das gilt nicht nur für Leitungen, sanitäre Anlagen und Zwischenwände, die zugunsten eines neuen Zuschnitts der Wohnungen weichen mussten. Die ganze Fassade fiel durch, als insgesamt 40 Fachingenieure die alten Gewa-Pläne durchleuchteten. Die Baugenehmigung für 194 kompakte Mietwohnungen statt 66 großzügigen Eigentumswohnungen, erteilt im Frühsommer, reichte schon im Oktober nicht mehr aus. Als Grundlage, am Wohnturm nach mehr als zweijährigem Stillstand weiterzubauen, war sie ohnehin noch nicht zu gebrauchen, denn die Stadt verweigerte noch den begehrten Roten Punkt der Baufreigabe. Das Gutachten eines Prüfstatikers fehlte noch.

Ende 2020/Anfang 2021 könnte der Tower fertig sein

Inzwischen beugt sich das Baurechtsamt der Stadt Fellbach erneut über die Pläne. Stadtsprecherin Sabine Laartz kündigt eine weitere Nachtragsbaugenehmigung für Ende Februar 2020 an. Wenn dann auch der Prüfstatiker das letzte Wort gesprochen hat, könnte das Superhochhaus endlich weitergebaut werden und liegt damit sogar im Plan. Ende 2020/Anfang 2021 könnte es fertig sein, teilt Martina Serwene, die Sprecherin der CG-Gruppe mit.

Verbesserter Energiestandard

Christoph Gröner und seine Fachleute entfernten inzwischen nicht nur das schräge Dächle, das dem Baulöwen schon beim Anflug auf Stuttgart nicht gefallen hatte. Sie gingen gründlich vor: Stockwerk um Stockwerk sei der Bauzustand eingescannt und somit dokumentiert worden, erzählt Architekt Jörg Wolf, auch um auszuschließen, dass sich Baumängel eingeschlichen haben. Hauptsächlich stellten sich aber die alte Pläne als schlicht veraltet heraus. Selbst mit neuesten Gläsern für die auf zwei Dritteln der Stockwerke schon eingesetzten Fenster hätte sich der Energiestandard, den Christoph Gröner als Ziel setzte, nicht erreichen lassen. Eine noch von den Erst-Investoren Warbanoff vorgesehene Fotovoltaikanlage an der Fassade hatte sich sogar als so ineffizient herausgestellt, dass sie auf dem Markt nicht mehr erhältlich war. Der umweltbewusste Gröner strebt nach eigenen Worten im Durchschnitt seiner Bauvorhaben einen Energiestandard an, den er Kfw 20 nennt. Seine Gebäude sollen im Durchschnitt mit einem Fünftel des Primärenergiebedarfs vergleichbarer Gebäude auskommen. Für den schon halb fertigen Tower verordnete der Unternehmer Kfw 55, fast der halbe Energieverbrauch vergleichbarer Bauten.

Die Folgen werden die Fellbacher im nächsten Jahr bestaunen können: Voraussichtlich ab Frühjahr 2020 wird die alte Fassade durch eine neue ersetzt. Das gesamte Fensterglas wird herausgenommen und recycelt. Die Gebäudehülle wird nach außen gerückt, die für Mietwohnungen viel zu große Balkonfläche verkleinert. Die neue Fassade mit weniger, aber gut isoliertem Glas reduziert die Angriffsfläche für Hitze und Kälte von außen erheblich.

Noch mehr staunen werden die Fellbacher – und teilweise auch die Fachwelt – wenn in luftiger Höhe von 107 Metern, an der Spitze des Towers, die Bauarbeiten wieder losgehen. Dann werden in Deutschland bislang einzigartige Windströmungsturbinen an den Abrisskanten auf dem Dach installiert, die zur Stromgewinnung aus den Aufwinden an der Fassade dienen. Auch sonst findet sich eine große Bandbreite effizienter und fortschrittliche Energietechnik im neuen Tower.

Endlich ist der Tower auch winterfest gemacht worden

Ganz entgegen dem allgemeinen Eindruck einer meist verlassenen Baustelle hat sich das Innere des Wohnturms im Laufe des Jahres stark verändert: Der Tower wird wieder zum Rohbau gemacht. Martina Serwene hat für unsere Zeitung zusammengestellt, was in 2019 passiert ist: „In diesem Jahr haben zahlreiche Umbauarbeiten stattgefunden.“ Seit Januar 2019 sei der Rückbau im Gange. Das Betonschrägdach ist im Sommer 2019 entfernt worden. Zudem sei der Tower kürzlich winterfest gemacht worden. „Im Inneren des Hochhauses gehen die Bauarbeiten weiter. So werden ein Großteil der Leitungen und auch die Sprinkleranlage zunächst rückgebaut und dann erneuert“, sagt Martina Serwene.

Selbst das fast fertige Hotel am Sockel des Turms, das ab dem neuen Jahr ebenfalls eine neue Fassade enthält, ist nicht verschont geblieben: „Zurzeit finden Bauarbeiten im Hotelbereich statt, bei dem die Installation der Vorplanung zurück gebaut wird, damit ein künftiger Hotelbetreiber gestalterisch frei ist in seiner Planung“, berichtet Martina Serwene.