Die neue Sonderausstellung der Staatsgalerie befasst sich mit dem Frühwerk der Künstler Baselitz, Richter, Polke und Kiefer. Am ersten Wochenende war die Ausstellung gut besucht.

Stuttgart - Schon am Vormittag hat sich an der Kasse der Staatsgalerie eine Warteschlange gebildet. Es ist Samstag und das erste Wochenende der neuen Sonderausstellung „Die jungen Jahre der Alten Meister. Baselitz – Richter – Polke – Kiefer“. Eva Alvarez und Frank Hermann sind zu Besuch in Stuttgart. „Wir waren gestern im Theater und haben ein Plakat der Ausstellung gesehen. Da war schnell klar, dass wir sie sehen wollen“, sagt Eva Alvarez aus Radolfzell am Bodensee.

 

Mit mehr als hundert Bildern aus den sechziger Jahren wirft die Schau von Kurator Götz Adriani einen Blick in das Frühwerk der vier Künstler. Im Foyer sind ihre Biografien an der Wand angebracht. Gegenüber hängen Chroniken der Ereignisse aus den betreffenden Jahren: die Beatles treten in Hamburg auf, die Mauer wird gebaut, Martin Luther King hält seine berühmte Rede „I have a dream“, Studenten protestieren und die Politik diskutiert über den Paragrafen 218.

Ausstellungseröffnung mit dem Bundespräsidenten

Bettina Wälli hätte sich sogar noch mehr Informationen gewünscht. „Vielleicht auch Bilder der Künstler, um noch mehr zu erfahren“, sagt die Schweizerin. Gemeinsam mit Barbara Thiele-Höfler und Birgit Heubach, beide aus Esslingen, hat sich die Dreiergruppe fast zwei Stunden lang die Ausstellung angeschaut, ausgestattet mit Audioguides. „Viele der Bilder sind ja nicht im herkömmlichen Sinne schön. Man braucht Erklärungen, um nicht ratlos vor den Werken zu stehen“, sagt Wälli. Wer es noch genauer wissen möchte, kann an Führungen teilnehmen - diese sind an diesem Samstag mehr als gut besucht, schon im ersten Raum sitzen die Teilnehmer dicht gedrängt nebeneinander.

Im Beisein des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier war die Ausstellung am Donnerstagabend eröffnet worden. Nicht nur Steinmeier, der die Schirmherrschaft übernommen hat, war vor Ort, auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Oberbürgermeister Fritz Kuhn und mehr als tausend Gäste. Auch einer der Künstler war anwesend: Anselm Kiefer kam höchstpersönlich zur Eröffnung. Außerdem Angehörige des 2010 verstorbenen Sigmar Polke.

Die Bekanntheit der Maler zieht Besucher an

Ein großer Aufschlag für die Ausstellung, die im Vorfeld auch Kritik einstecken musste. Kunsthistoriker und Museumskollegen bemängelten, dass derartige Heldenerzählungen nicht mehr zeitgemäß seien. Außerdem fehlten andere wichtige Vertreter der gezeigten Generation – vor allem weibliche Künstlerinnen dieser Zeit werden ignoriert.

Am Samstag in der Staatsgalerie ist von dieser Kritik nicht viel zu spüren. „Die Kombination dieser vier Maler finde ich wirklich gelungen!“, sagt Barbara Thiele-Höfler. Die Ausstellung sei zwar nicht umfangreich, die Auswahl aber toll. Sie kennt sich aus: Für Polke, Richter und Baselitz sei sie schon durch ganz Deutschland gefahren.

Die Bekanntheit der vier Maler jedenfalls scheint die Besucher anzuziehen. Genauso wie schon zuvor auch Banksys „Love is in the Bin“ Menschen angezogen hat, die sonst nicht unbedingt in der Staatsgalerie anzutreffen sind. Beziehungsweise noch immer anzieht: Susanne Gruber verrät, dass sie 30 Jahre nicht mehr hier gewesen sei. Jetzt besucht sie mit ihrer 17-jährigen Tochter die Staatsgalerie, um das berühmte geschredderte Bild zu sehen. In der Sonderausstellung waren sie trotzdem, „mal wieder ein bisschen Kunstluft schnuppern“, hat den beiden gefallen. Noch bis zum 11. August bietet sich Gelegenheit, die Sonderausstellung zu sehen.