Der Kreis Ludwigsburg finanziert weitere Stellen im Sozialen: Eine neue Anlaufstelle der Diakonie in Bietigheim soll Auswege aus der Spirale von Sucht und Schulden zeigen.

Bietigheim-Bissingen - Der Ludwigsburger Kreistag hat im vergangenen Jahr die Weichen dafür gestellt: Das Angebot der Schuldnerberatungen soll nicht nur personell aufgestockt, sondern auch dezentraler werden. Der Kreisverband der Diakonie hat reagiert und bietet jetzt ergänzend zu Vaihingen/Enz, der bisherigen Anlaufstelle neben Ludwigsburg, eine weitere Beratung in Bietigheim-Bissingen an. Und zwar im gleichen Gebäude, in dem auch die Suchtberatung arbeitet. Nach Ansicht von Martin Strecker, dem Geschäftsführer der Diakonie Ludwigsburg, „eine ideale Ergänzung, weil Sucht häufig ein Auslöser für Überschuldung ist“.

 

Die neue Anlaufstelle am Japangarten heißt nun Haus der Diakonie. Dort wurden schon bisher Personen betreut, die an verschiedenen Arten von Sucht leiden. Nun sollen auch Überschuldete den Weg dorthin finden. „Für viele Betroffene etwa im Nordkreis war der Weg nach Vaihingen zu weit“, sagt Strecker. Ebenso wie der Weg nach Ludwigsburg, wo ebenfalls ein entsprechendes Angebot existiert. Darum wollte man „die Schuldnerberatung in die Fläche bekommen“, sagt Strecker.

Kürzere Wartezeiten

Wie üblich im Sozialbereich wird auch bei dieser zusätzlich vom Kreis finanzierten Personalie um Prozente gefeilscht – und neu gemischt: Die Diakonie kann mit zwei Stellen im Bietigheimer Haus kalkulieren, die Arbeitszeit indes beträgt insgesamt 135 Prozent. Von den bisher drei Mitarbeitern in Vaihingen zieht einer mit seinem Schreibtisch nach Bietigheim um, damit an beiden Stellen zwei Mitarbeiter für die Beratung zur Verfügung stehen.

„Es geht nicht darum, mehr Schuldner anzunehmen“, sagt Georg Voigtländer, der Leiter der neuen Bezirksstelle für Schuldnerberatung, „sondern darum, die Wartezeiten zu verkürzen.“ Bisher müssen die Ratsuchenden wochenlang auf einen Ersttermin warten. Und dann dauert es im Schnitt noch einmal vier Monate, bis die eigentliche Aufarbeitung starten kann.

Synergieeffekte erwünscht

Das erklärte Ziel heißt nun: Ein Ersttermin soll innerhalb einer Woche vereinbar sein, die eigentliche Beratung dann entsprechend rascher angeschlossen werden. Vermittlung und Vergabe der Termine wird weiterhin über die Dienststelle in Vaihingen abgewickelt. Wer wohin fährt, hängt von dessen Wohnort ab.

Da sich Sucht und Schulden gegenseitig bedingen, wie Mike Ullmann glaubt, könne man jetzt Synergieeffekte nutzen: „Dank der kurzen Wege ist es uns nun möglich, parallel zu arbeiten“, sagt der Fachbereichsleiter Suchthilfe. Eine besondere Rolle habe in diesem Kontext die Spielsucht. Darum passe es gut, dass die kreisweit einzige Selbsthilfegruppe für Menschen mit Spielsucht in Bietigheim sei. Auch die Suchtberatung geht neue Wege: Vom 1. Juni an bietet sie an jedem Donnerstag eine offene Sprechstunde an. Ein vergleichbares Angebot gibt es bisher nur in Kornwestheim.

Hilfe für Kinder suchtkranker Eltern

Auch die Programme „Kisel“ für Kinder suchtkranker Eltern im Alter von 16 bis 18 und „Trampolin“, das entsprechende Angebot für jüngere Kinder, werden aufgewertet: Die Diakonie hält diese Hilfe für so dringlich, dass dafür jetzt eine 50-Prozent-Stelle geschaffen wurde, die über Spenden finanziert wird. Bisher wurde die Arbeit von Honorarkräften geleistet.

Martin Strecker freut sich darüber, dass das Angebot der Diakonie vergrößert werden konnte – aber er ist auch skeptisch: „Wir haben unser Konzept auf die nächste Zukunft ausgerichtet, aber ich befürchte, dass die Zahl der Schuldner explosionsartig zunehmen wird.“ Und zwar, sobald sich die Eckdaten der Zinspolitik ändern werden. So viele Menschen hätten in der Niedrigzinsphase Kredite aufgenommen. Aber die wenigsten könnten sie auch wieder zurückzahlen.