Eine Studie der University of London legt nahe, dass man das Mittagessen genießen sollte – vor allem wenn man Kalorien sparen will.

London - Eigentlich war das Mittagessen lecker und sättigend, und doch kommt danach die schwere „Zuckerkrise“: Unwiderstehlich ist da plötzlich ein Heißhunger auf Kuchen, Kekse oder Schokolade. Nicht selten mündet dieses scheinbar unstillbare Bedürfnis sogar in ein Gelage, das fast so viele Kalorien enthält wie die Mittagsmahlzeit zuvor. Eine Studie der University of London zeigt nun einen genussvollen Weg, wie man diesen Exzess – den wohl fast jeder schon einmal selbst erlebt hat – endlich hinter sich lassen kann.

 

Die Psychologinnen Lana Seguias und Katy Tapper kredenzten ihren 51 Probanden zunächst ein Mittagessen aus Käsesandwich, Tomaten, Trauben, Cracker und einem kleinen Kuchen. Mit einem Energiewert von insgesamt 825 Kilokalorien war dies bereits eine ordentliche Mahlzeit. Der einen Hälfte der Testesser wurde während der Mahlzeit eine Audio-Aufnahme mit Anweisungen vorgespielt, die ihre Aufmerksamkeit auf den Geschmack, das Aussehen und die Kaubeschaffenheit der Speisen lenkten. Die andere Gruppe vertilgte ihren Lunch in Ruhe.

Kontrolle über den Nachmittagssnack

Zwei Stunden später bekamen alle Probanden unterschiedliche Kekse serviert, die teilweise mit Vollmilch- oder Zartbitterschokolade überzogen waren. Sie waren heimtückisch in kleine Stücke zerbröselt. „Wir wollten damit ausschließen, dass jemand seine verzehrten Kekse zählt“, erläutert Tapper. Denn damit würde er ja die Kontrolle über seinen Nachmittagssnack bekommen. Das Ziel sollte es aber sein, dass er sich ungezügelt so viel Süßes einverleibte, wie ihm zumute war.

Es zeigte sich: Wer beim Mittagessen auf dessen sensorische Qualitäten geachtet hatte, hielt sich beim anschließenden Snack deutlich zurück. Ihm reichte dann eine Keksportion mit durchschnittlich 112 Kilokalorien, während die Kontrollgruppe fast doppelt so viele vertilgt, nämlich 203 Kilokalorien. Das Mittagessen mit allen Sinnen hatte also den Heißhunger auf die anschließende Nachmittagsnascherei deutlich gedämpft.

Woher kommt der Appetitzügler-Effekt?

Bleibt die Frage nach den Ursachen für diesen Appetitzügler-Effekt. Die Forscherinnen befragten ihre Probanden unmittelbar nach dem Experiment, inwieweit sie sich noch an die Menge und die Zusammensetzung ihres Mittagessens erinnerten. Dabei zeigten erstaunlicherweise diejenigen, die in Stille gegessen hatten, bessere Werte als die sensorisch aufmerksamen Esser. „Dies widerspricht der geläufigen Hypothese, dass Achtsamkeit beim Essen die Erinnerung daran verbessert“, betont Tapper. Ganz zu schweigen davon, dass diejenigen, die sich besser an ihre Mahlzeit erinnerten, nicht gerade durch eine besondere Zurückhaltung bei den Keksen auffielen.

Überzeugender klingt da schon die Erklärung, dass auf den sinnlichen Genuss sensibilisierte Esser weniger essen, weil sie gelernt haben, dass größere Portionen zur Gewöhnung und damit zum Abstumpfen des kulinarischen Erlebens führen. Nicht umsonst sagte schon der griechische Philosoph Epikur: „Der Weise aber entscheidet sich bei der Wahl der Speisen nicht für die größere Masse, sondern für den Wohlgeschmack.“