Den ersten Kalender haben die Schotten erfunden. Er war noch etwas sperrig, bestand aus Löchern im Boden. Heute sind die Kalender deutlich handlicher und vielfältiger. Wir zeigen eine Auswahl von Kalendern mit Motiven aus Stuttgart. Das Jahr 2018 kann kommen.

Stuttgart - Es funktioniert wie ehedem. Nackte Tatsachen erregen Medien wie Publikum. Menschen, die nackig durch Stuttgart krabbeln, das ist allemal interessanter als blankes Blech oder unverputzte Häuser. So sorgten die Aufnahmen für den Kalender „Kesselsafari“ (19,99 Euro, Setzer-Verlag) immer wieder für Aufsehen, Männlein und Weiblein zeigten sich wie Gott sie schuf an verschiedenen Orten in der Stadt und ließen sich fotografieren.

 

Nicht zu jedermanns Vergnügen. Die Aufnahmen am Kreisel beim Wilhelmsplatz in der Innenstadt verstörten einen Beobachter so sehr, dass er zunächst die Models beschimpfte und dann die Polizei rief. Die kam, schaute zu, ließ sich sich das Projekt erläutern und gab dann dem Beschwerdeführer zu verstehen, er möge doch woanders hinschauen, wenn ihn das Gesehene so aufrege. „Nackt zu sein ist nicht verboten“, sagt Justyna Koeke, die mit Marie Lienhard, Gala Adam und Dozenten und Studenten der Kunstakademie auf „Kesselsafari“ ging.

Voriges Jahr haben sie sich in ihrem Kalender „Stuttgart under Construction“ an Baustellen für S 21 gezeigt, heuer wollen sie die „Aufmerksamkeit auf wilde Flächen in der Stadt“ lenken. Dass sie dabei „Grenzen ausloten“, ist eingepreist. Koeke: „Wir wollen die Aufmerksamkeit. Die kriegen wir so.“ Doch das nackig Posieren ist nicht nur Selbstzweck und Marketingvehikel. „Da ist nichts mit Photoshop gemacht“, sagt Koeke, „wir retuschieren nichts.“ Sie sehen aus, wie normale Menschen eben nackt aussehen. So will man auch daran appellieren, sich in seinem Körper wohlzufühlen und sich nicht an verzerrten Bildern zu messen, die die Modeindustrie und Pornoindustrie zeichnen, um ihre Produkte zu verkaufen.

Das hört sich jetzt erdenschwer und moralinsauer an, doch tatsächlich hatten die bis zu 40 Leute eine Menge Spaß. Im Becken bei der LBBW planschten sie wie Kois, auf dem Verkehrskreisel hüpften sie wie Hasen herum, an einem Baum an Bismarckturm tobten sie wie Affen von Ast zu Ast, am Monte Scherbelino gaben sie die Gemsen. Koeke: „Wir haben die Tiere samt ihrer Laute nachgemacht.“ Aha – und wie war das an der Mönchhalde? Da krochen sie herum wie Nacktschnecken. Was machen die so für Geräusche? Nun, diese Frage beantwortet der Kalender nicht, er raschelt nur beim Umblättern.

Andy Ridder zeigt andere Aspekte seiner Heimatstadt. Er bewegt sich viel zu Fuß und sieht immer wieder „fantastische Gebäude“. Die fotografiert er in Schwarz-Weiß und zeigt sie in seinem Kalender „StuttgArt – Impressionen einer Stadt“ (erhältlich in verschiedenen Größen von 18,90 Euro bis 48,87 Euro). Der Fellbacher Hanns-Peter Eisold rückt die Weißenhofsiedlung ins rechte Licht (je nach Format zwischen 19,90 Euro und 49,90 Euro). Durchs Jahr begleiten lassen kann man sich auch von Porsche (39,90 Euro), Mercedes (29,90 Euro), dem VfB (15,99 Euro) und vom Ballett sogar gleich zweimal. Beim Verlag Weingarten ist einmal ein Kalender erschienen mit Fotos von Gundel Kilian von den Proben (19,99 Euro), und von Bernd Weißbrod von den Aufführungen (38 Euro).

Den ersten Kalender haben übrigens die Schotten geschaffen. Sie buddelten vor zehntausend Jahren zwölf Gruben, die die Mondphasen markierten. Das war monumentaler als die modernen Nachahmer, ließ sich aber nicht so gut an die Wand hängen.