Bitte mal alle herhören, es gibt neue Musik von Stuttgarter Musikern. Wir stellen Pop-Perlen von Roman Wreden 

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Es ist schon längst mal wieder an der Zeit, eine Runde neuer Stuttgarter Pop-Releases vorzustellen. Dabei lassen wir die bereits beschriebenen All diese Gewalt, Los Santos und Eau Rouge einfach mal aus.

 

Es bleibt noch genug Spannendes zwischen Sommerloch und Gitarrenmusikherbst. Los geht's:

Roman Wreden, Video "Blindfolded"

"Klingt ziemlich nach Morrissey", sagt der Kollege spontan über Roman Wredens neues Album. Da hat er schon Recht, wobei Wreden eine leichte Schlagseite zu in Richtung Klassik orientierten Songschreibern wie etwa Sting pflegt und Kirchentonarten ihm erkennbar zusagen. Das Ergebnis ist ein dunkel gefärbter Folkpop, in der Stuttgarter Songwriterlandschaft als Solitär gelten kann. Zusätzliche Tiefe erhält die von Joe Joaquin (Maeckes, Sea + Air) gemixte Aufnahme durch Instrumente wie die chinesische Erhu-Geige, eine auch live von Wredens Band eingesetzte Akkordeon sowie Gastmusiker wie Tanja Höhne am Cello und Marie Louise am Gesang.

Das Video "Blindfolded" hat Wreden übrigens selbst gedreht, und zwar in den Beelitzer Heilstätten in Berlin. Man sieht die Choreografin Jean Bartolome durch dieses bemerkenswerte Gebäude tanzen. Uns gefällt's, sehen Sie selbst:  

Release-Party ist übrigens am 1. Oktober im Laboratorium in Stuttgart. Am Feuerseefest hat Roman Wreden mit seiner Band schon einen kleinen Vorgeschmack gegeben - sehr zu empfehlen!

Karies, Video "Keine Zeit für Zärtlichkeit"

Auch der hier mit schöner Regelmäßigkeit erwähnte Ralv Milberg soll zu seinem Recht kommen. Er hat nämlich das neue Album der Band Karies soundmäßig zu verantworten. Die haben "Es geht sich aus" noch mit Kevin Kuhn am Schlagzeug eingespielt; mittlerweile hat ja Philipp Knoth diesen Job übernommen. Ein Blick ins Booklet zeigt, dass die Band mit extrem wenig Worten auskommt. Musikalisch gibt es maximal reduzierten Post Punk mit herrlichsten Tocotronic-Anspielungen zu hören. Als Vorgeschmack dienst das Video "Keine Zeit für Zärtlichkeit". 

Das Booklet klärt uns übrigens auf, dass wir hier Text von Michel Houellebecq hören:

Der Herbst kann also definitiv losgehen. Ein bisschen vermag man auch in dem stoischen Rhythmus die Karies-Labelkollegen Sleaford Mods zu erkennen. Live dann am 4. November im, Obacht, Goldmark's. 

Der Kvnstler, Video "Sommerloch"

Ein Grund für unser schlechtes Gewissen bezüglich dieses Beitrags ist Der Kvnstler. Er versucht aktuell, das Sommerloch auszudehnen. Was uns schon vor Wochen aufgefallen ist und dank Karies natürlich nicht gelingen wird, aber egal. 

Stuttgarter Künstler nutzen bekanntermaßen viel zu selten Autotune, und Sprüche wie das mit diesem Effekt versehene "Fick mich in mein Sommerloch" klingen fast zu Berlin, um Stuttgart zu sein. So was nennt der Liebe!

Heppy, Video Jalapeños

Der Rapper Heppy wiederum verlängert den Sommer ebenfalls nach Belieben, nämlich mit diesem Video:

Das ist ja wohl wie Cro mit gepresster Reibestimme, und ein bisschen "Mambo No. 5" steckt auch noch drin. Neunziger halt, nur dass Musik damals noch nicht so oft verschenkt wurde.

Loose Suspense, EP "Past Mistakes"

Die Stuttgarter Hardcore-Szene wäre mal eine eigene Reportage wert, und Loose Suspense würden dann eine Rolle spielen. Deren Sänger Jörg-Michael Schneider klingt wie eine Mischung aus Arnim Teutoburg-Weiß (Beatsteaks) und Flavio Bacon (Human Abfall). Darunter liegen, soweit das bei dieser Musik möglich ist, sensibel abgemischte Instrumentaltracks. Aufgenommen wurde die EP übrigens von Kilian Mohns, der solo bekanntermaßen von Hardcore recht weit entfernt ist

Noah Kwaku, "Black Stone"

Mit Noah Kwaku reift langsam, aber sicher eine wahre Pop-Perle im Kessel heran. Die Booker bewiesen beim letzten "richtigen" Popnotpop-Festival 2014 schon ein gutes Händchen, als sie Kwaku das Abschluss-Set in der Bar Romantica spielen ließen. So selbstverständlich entspannt, wie "Black Stone" groovt, muss sich Noah Kwaku baldmöglichst im Bix auftreten. Und hätten wir noch die Neunziger, wäre er auf sämtlichen Chillout-Compilations vertreten.

Inow, Video "Silence"

Wenn wir schon bei den Neunzigern sind: Erinnert sich jemand an Blair Witch Project? Stichwort zittrige Kameras im Wald. Das Video der neuen Stuttgarter Band Inow ist jetzt nicht ganz so horrorfilmmäßig aufgemacht, sondern kommt mit Fantasiewesen in Einhorn- und Vogelmaske aus. Die Band spielt etwas, das man - wieder Neunziger - früher vielleicht mal Modern Rock genannt hätte beziehungsweise laut Wikipedia heute noch so nennen könnte.

Einen Dance-Remix gibt's sympathischerweise auch, von Konzerten ist noch nirgends die Rede, aber erst kommt ja die Digitalsingle, dann das Popbüro und erst anschließend die Bühne. 

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