Eric Gauthier, der Tausendsassa des Tanzes, lässt sich auf ein neues Format ein: eine Tanzmesse als Teil der Stuttgarter Frühjahrsmessen vom 25. bis 28. April 2019. Im Interview erklärt er, was er damit bezweckt.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Der Choreograph und Tänzer Eric Gauthier wagt sich auf das Messe-Parkett. Bei Danceworld, Teil der Stuttgarter Frühjahrsmessen, spielt er gleich eine tragende Rolle.

 

Herr Gauthier, im Englischen gibt’s den Ausdruck „What a mess!“ (Was für ein Chaos!). Darum geht’s bei Ihrer Messe aber nicht?

(Lacht) No, no. Messe heißt auf Englisch „fair“. Sie können das Wort aber im Sinne von „mass“ verwenden: Masse. Wir hoffen, dass viele Leute kommen und die Tanzmesse besuchen.

Ihnen geht es bei dieser Messe um Masse?

Ja, absolut. Die Messe Danceworld ist etwas ganz anderes als das Tanzfestival Colours, das nächstes Jahr vom 27. Juni bis 14. Juli stattfindet. Bei Colours steht internationale Tanzkunst im Vordergrund, die man sonst so in Stuttgart nicht sieht. Danceworld hat einen anderen, auch kommerzielleren Charakter. Dort präsentieren sich Ballett- und Tanzschulen aus dem In- und Ausland, auch viele Shops, die Tanzklamotten anbieten. We just give everbody a Plattform; jeder, der mit Tanz zu tun hat, kann sich dort präsentieren. Ziel ist die Vernetzung der Tanzlandschaft und das möglichst weltweit.

Es geht um Tanzen im weitesten und breitesten Sinne?

Yes. Alle dürfen sich angesprochen fühlen – Anfänger ebenso wie Fortgeschrittene. Besonders auch die junge Generation. Tango, Swing, Burlesque – das alles kann man auf der Messe ausprobieren. Wir haben 65 verschiedene Workshops. So etwas gab es in Deutschland bisher noch nicht.

Tanzen ihre drei Kinder auch schon?

Der zweitälteste Sohn, Oscar, ist fünf. Er fängt jetzt gerade damit an. In dieser Woche hat er seine erste Tanzstunde.

Ballett wie der Papa?

Nee, mehr Kreativtanz. Ich bin ein Pilz, ich bin ein Eisbär. So in der Art. Das passt zu ihm.

Apropos: Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Tanz-Outfit?

(Denkt nach) Eine Shorts – sonst nichts. Aber es kommt nicht so sehr auf spezielle Kleidung an. Man kann auch in der Jogginghose tanzen.

Wie kam’s zu der Messe-Idee?

Wir sind ein Team von vier Leuten. Michela Piviero, Claudia Bauer, my right hand von Gauthier Dance und Colours, Claus Hähnel vom Messeladen und ich. Über Claus Hähnel kam der Kontakt zur Messe Stuttgart zustande. Wir wollten etwas mit denen auf die Beine stellen. Anfangs dachten die, es geht um einen Auftritt von Gauthier Dance. Aber wir dachten tatsächlich an eine ganze Tanzmesse als Teil der Frühjahrsmessen im April, um etwas Großes zu schaffen. Bei den Gesprächen waren die Messeleute sehr enthusiastisch. Wenn’s gut läuft, kann das Format auch international vermarktet werden.

Die Danceworld wird in einer Reihe stehen mit Verbrauchermessen wie i-mobility, Fair handeln, Garten, Baby Welt oder Slowfood. Passt das für Sie?

Oh ja, das ist ein tolles Experiment. Zu den Frühjahrsmessen, zu der auch die Yoga-World gehört, kommen mehr als 100 000 Menschen. Meine Vision ist, dass Tanz eine größere Rolle im Leben einnehmen sollte. Dazu passt Danceworld perfekt, denn dort steht die Welt des Tanzes auch Leuten offen, die sonst nie damit in Berührung kommen. Mit Colours erreiche ich vor allem das Stuttgarter Publikum. Danceworld soll viel weiter strahlen.

Sie werden selbst auch dabei sein?

24 hours, three days in a row (lacht). Ja klar. Die Danceworld-Messe ist immerhin auch mein Baby. Ich werde dort Workshops geben, was ich sonst eigentlich nicht tue.

Sie sind das Gesicht der Tanz-Messe?

Ja, die Messe-Leute finden es wichtig, dass ich mit meinem Gesicht dafür stehe. Auch wenn ich längst nicht alles alleine mache, sondern wir ein tolles Team sind.

Bei der Nacht der Liederzugunsten der Aktion Weihnachten unserer Zeitung haben Sie vergangene Woche gesagt, Ihr Ziel sei es, Hürden zum Publikum abzubauen?

Ja, darum geht’s mir bei allem, was ich mache. Meine Tänzer gehen ins Publikum und bitten die Leute auf die Bühne, um mit ihnen zu tanzen, und die Menschen lassen sich darauf ein. Total cool. Everybody should dance together. Danceworld ist eine Ergänzung dieses schönen Gedankens.

„Let’s dance“ – dafür stehen auch Motsi Mabuse und Joachim Llambi von der gleichnamigen Fernsehshow. Was machen die beiden auf der Danceworld?

Wir erlauben uns, auch Fernsehstars zu präsentieren. Viele Besucher werden ihretwegen kommen. Motsi Mabuse gibt Salsa-Workshops, Joachim Llambi zeigt, wie Latin geht.

Tanzen die Leute heute eigentlich mehr als vor zehn Jahren?

Die Stuttgarter? Ja, ich denke schon. Sie sind aufgelockerter. Die Schwaben brauchen da ja manchmal ein bisschen. Da hat sich was verändert.

Kann jeder tanzen?

Ja klar.

Bringen Sie auch jeden Menschen zum Tanzen?

Ich habe meine Techniken. Es ist wichtig, den Menschen zu sagen, dass sie es können.

Ministerpräsident Kretschmann hat auch schon nach ihrer Anleitung getanzt.

Mehrmals. Spannend war auch eine Tanzrunde mit den Chefs großer deutscher Konzerne, darunter Daimler-Chef Dieter Zetsche. Es hat wunderbar funktioniert.

Vergangenen Samstag wurde auch im neu eröffneten Lern- und Gedenkort Hotel Silber getanzt – nämlich Swing. Genau an dem Ort, von wo aus die Gestapo einst Stuttgarter Swing-Kids verfolgte.

Cool!

Was halten Sie von der Idee, dort regelmäßig Swing zu tanzen?

Tolle Idee. Außerdem ist Swing bei den jungen Leuten wieder total hip. Also: Let’s swing!