Der Wahlabend in Baden-Württemberg wird spannend: Nach den jüngsten Umfragen steht eine zweite Amtszeit von Ministerpräsident Kretschmann auf der Kippe. Aber auch CDU-Herausforderer Wolf hat es nicht leicht.

Stuttgart - Rund eine Woche vor der Landtagswahl im Südwesten bauen die Grünen laut einer aktuellen Umfrage den Abstand zur CDU weiter aus. Wie die „Bild“ (Montag) berichtete, kommen die Grünen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf 33,5 Prozent, die CDU auf 28,5 Prozent. „Bild“ hatte die Umfrage beim Meinungsforschungsinstitut Insa in Auftrag gegeben. Auch die SPD verliert weiter, die Partei kommt in der Umfrage nur noch auf 12,5 Prozent - gleichauf mit der AfD.

 

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Als Winfried Kretschmann vor fünf Jahren in der CDU-Hochburg Baden-Württemberg der erste grüne Ministerpräsident wurde, war das eine Sensation. Bei der kommenden Landtagswahl wollen die Grünen den politischen Chefsessel gegen die CDU mit dessen Herausforderer Guido Wolf verteidigen. Die Demoskopen sehen keine Wechselstimmung im Land. Doch wer von den beiden Männern am 13. März das Rennen macht und welche Parteien dann zusammen regieren, ist schwer absehbar. Nur eines scheint sicher: Die rechtspopulistische Alternative für Deutschland dürfte es aus dem Stand in den Landtag schaffen, vielleicht sogar mit einem zweistelligen Ergebnis.

Viele Reformen in der Bildungspolitik

„Das ist doch fast eine Liebesheirat“, schwärmte Kretschmann im März 2011 mit Blick auf seine grün-rote Regierungskoalition. Der SPD wurde eine Partnerschaft auf Augenhöhe versprochen. Doch das Bündnis fand sich schnell in den Mühen der Ebene wieder. Vor allem die vielen Reformen in der Bildungspolitik, der dadurch teilweise ausgelöste Unmut bei Lehrern, Eltern und Schülern sowie eine überforderte Kultusministerin sorgten zeitweise für Krisenstimmung. Unterm Strich hat Grün-Rot den gemeinsamen Koalitionsvertrag aber weitgehend abgearbeitet. Das erklärte Ziel ist, zusammen weiterzuregieren.

Doch die zweite Amtszeit steht auf der Kippe. In der jüngsten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen lagen die Grünen zwar mit 32 Prozent zwei Punkte vor der CDU. Und Kretschmann genießt nach wie vor hohes Ansehen in der Bevölkerung. Der rote Koalitionspartner mit Vize-Regierungschef Nils Schmid hängt aber mit 13 Prozent im Keller. Die Sozialdemokraten klagen, dass die gemeinsamen Regierungserfolge vor allem den Grünen gutgeschrieben würden. Für die CDU wäre es ein historisches Wahldebakel, wenn die Grünen sie tatsächlich überholen sollten. Wolf strebt eigentlich Schwarz-Gelb an. Doch dafür gibt es derzeit keine Mehrheit.

Grund dafür ist das Flüchtlingsthema. Es überlagert alle anderen landespolitischen Themen und schob die AfD in Umfragen auf zuletzt 11 bis 13 Prozent. Als fünfte Kraft würde sie die Kräfteverhältnisse im derzeitigen Vier-Parteien-Parlament heftig durcheinanderwürfeln.

Durch die CDU geht ein Riss

Die CDU versucht, nach außen hin Geschlossenheit zu demonstrieren. Doch tatsächlich geht ein Riss durch die Partei. Die eine Seite verkörpert Landeschef Thomas Strobl, der auch CDU-Bundesvize ist, mit seiner Treue zur Flüchtlingspolitik der offenen Grenzen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Auf der anderen Seite stehen Merkel-Kritiker wie der Bundestagsabgeordnete für Schwäbisch-Hall/Hohenlohe, Christian von Stetten. CDU-Spitzenkandidat Wolf laviert dazwischen. Ihm wird nachgesagt, in der Flüchtlingspolitik eigentlich eher bei der bayerischen CSU zu stehen. Doch offiziell übt er den Schulterschluss mit Merkel, die im Wahlkampf neunmal ins Ländle reist.

Die CDU wird wahrscheinlich viele Stimmen vom rechten Rand an die AfD verlieren. Eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten hat sie aber ausgeschlossen. Damit dürfte eine schwierige Regierungsbildung auf das Land zukommen. Es könnte auf Dreierkonstellationen rauslaufen - etwa von CDU, SPD und FDP oder von Grünen, SPD und FDP. Theoretisch wäre auch ein Bündnis aus Grünen und CDU möglich - unter Führung der Grünen. Das wäre bundesweit ein Novum.

Für Kretschmann gäbe es wohl am ehesten in einer Ampel aus Grünen, SPD und FDP eine Chance, Regierungschef zu bleiben. Es ist aber fraglich, ob die FDP und ihr Spitzenkandidat, der Wirtschaftsliberale Hans-Ulrich Rülke, das mitmachen. Wird es nichts mit dem Machterhalt, will sich der 67-jährige Kretschmann aus der Politik verabschieden.