Der Rhein ist stark mit Mikro-Kunststoffen belastet – das zeigen die Untersuchungen des Chemieprofessors Andreas Fath von der Hochschule Furtwangen. Er durchschwamm den Rhein im Sommer vorigen Jahres von der Quelle bis zur Mündung.

Furtwangen - Der Rheinschwimmer Andreas Fath, Professor für Chemie an der Hochschule Furtwangen, warnt vor den Folgen zunehmender Gewässerverunreinigungen durch Mikroplastik. Sie seien eine „wachsende Gefahr für Mensch und Umwelt“, sagte der Wissenschaftler bei der Veröffentlichung seiner neuesten Untersuchungsergebnisse. Fath, ein geübter Langstreckenschwimmer, hatte im Sommer 2014 den Rhein von der Quelle in der Schweiz bis zur Mündung in Holland durchschwommen und dabei regelmäßig Wasserproben genommen.

 

Nachdem er die Belastung mit Chemikalien und Pharmastoffen untersucht hatte, hat er sich die Plastikfracht vorgenommen. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, dass allein im Oberflächenwasser des Flusses in einem Jahr acht Tonnen kleiner und kleinster Kunststoffteile in die Nordsee transportiert werden. Doch dies sei „nur die Spitze des Eisbergs“, erklärte Fath. „Die tatsächliche Belastung des Rheins dürfte um ein Vielfaches höher sein, denn der überwiegende Teil des Mikroplastiks sinkt ab und befindet sich in den unteren Schichten des Flusses oder im Sediment, das wir nicht untersuchen konnten“, sagte er.

Jeweils tausend Liter Wasser wurden gefiltert

Für das Forschungsprojekt haben Fath und seine Mitarbeiter alle hundert Kilometer entlang der insgesamt 1231 Kilometer langen Flussstrecke jeweils 1000 Liter oberflächennahes Wasser mit einer Pumpe durch ein extrem feines Metallsieb gefiltert. Die dabei gewonnen Filtrate wurden anschließend mit Unterstützung des Alfred-Wegener-Instituts ausgewertet. Dabei habe sich gezeigt, dass die Verunreinigungen bereits in der Quelle des Rheins im Toma-See in den Graubündner Alpen in 2345 Metern Höhe beginnen, berichtet Fath in einer Pressemitteilung.

Dies habe die Wissenschaftler zunächst erstaunt, denn in der weitgehend unberührten Alpenlandschaft seien die Ursachen der Verunreinigung nicht ohne weiteres auszumachen gewesen. Tatsächlich sei es so, dass bereits die rund um den See herum abschmelzenden Schneefelder das Mikroplastik enthielten; das sei andernorts durch unsachgemäße Kunststoffverbrennung entstanden, in die Atmosphäre gestiegen und in den Alpen wieder niedergegangen. Am höchsten belastet war das Oberflächenwasser des Rheins im schweizerischen Chur. Dort haben die Forscher 5326 Partikel in einem Kubikmeter gemessen – 36 Mal mehr als an den übrigen Messpunkten im Verlauf des Flusses. Doch die Churer Werte seien ein Indiz für die wirklichen Plastikmengen im Rhein, sagte Fath. Denn dort, im Wildwasser hätten die Schadstoffe noch keine Chance sich abzusetzen.

Das plastik von Coffee to go- Bechern fand sich haufenweise

Insgesamt hat Faths Team zehn verschiedene Kunststoffe entdeckt. Besonders hoch waren dabei die Anteile von Polypropylen (PP) und Polyethylen (PE). Ersteres wird beispielsweise für die Herstellung von Bechern und Deckeln für den belieben „Coffee to go“ verwendet, PE wird für Plastiktüten, Tuben und andere Verpackungen eingesetzt. Beide Stoffe zeichnen sich nach Angaben von Fath durch eine geringe Dichte aus und schwimmen daher meist an der Oberfläche; Stoffe mit größerer Dichte, wie Polyvinylchlorid oder Polyurethan würde man dagegen vermutlich erst in tieferen Wasserschichten entdecken.

Entscheidend für das Gefahrenpotenzial sei, dass kleine Plastikteilchen organische Schadstoffe, etwa hochgiftige Perfluorierte Tenside (PFT), wie ein Magnet an sich ziehen und binden könnten. Mehrere Untersuchungen zeigten bereits, dass im Wasser lebende Organismen das belastete Mikroplastik aufnehmen und die Schadstoffe bis in deren Gewebe vordringen und dort eingelagert werden, berichtete Fath. Seine Gruppe habe im Magen von Rheinfischen unter anderem Polyamidfasern – wohl von Fleece-Textilien – sowie Mikropartikel aus Polypropylen gefunden.

Gefahren durch weggeworfene PET-Flaschen

Eine wesentliche Quelle vieler Verunreinigungen seien kleinste Kunststoffformkörper, sogenannte Microbeads, die sich in nahezu allen Produkten für Körperpflege, von Zahnpasta bis Sonnencreme, befänden. Viel Kleinstplastik entstehe auch durch unsachgemäße Abfallentsorgung. So würden weggeworfene Pet-Flaschen oder Plastiktüten im Rheinkies regelrecht zermahlen, sagt Fath. Das habe er bei seinem Schwimmmarathon „hautnah erlebt.“ Auch die unvollständige Verbrennung von Kunststoffen, das Waschen synthetischer Kleidung oder die Entsorgung von Obst und Gemüse aus Supermärkten samt Verpackung trügen zu den Problemen bei. Fath betonte, es brauche mehr Aufklärung, aber auch die Forschung müsse Vorschläge erarbeiten.