Die Neue Weststadt nimmt weiter Gestalt an. Bevor auf dem ehemaligen Güterbahnhof kommende Woche der Spatenstich erfolgt, führt der Esslinger Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht über die Baustelle. Gehört wird er nicht immer.

Esslingen - Als der Güterzug vorbeibraust, verstummt Wilfried Wallbrecht. Gegen die ratternden Waggons hat die Stimme des Esslinger Baubürgermeisters keine Chance. Auch den rund 20 Teilnehmern einer Führung durch die Neue Weststadt steht die Frage ins Gesicht geschrieben: Ob das Wohnen und Arbeiten in dem neuen Quartier wohl doch nicht so perfekt sein könnte?

 

Gottfried Weidner von der Esslinger Wohnungsbaugesellschaft (EWB) beruhigt die Bürger. Der moderne Schallschutz sorge dafür, dass man in den Gebäuden auf dem Hengstenberg-Areal nichts hören werde. „Die Büros sind belüftet, und die Nachtauskühlung sorgt für ein angenehmes Raumklima am Tag.“ Wallbrecht wirft ein, dass die Bahn bis zum Jahr 2022 die lauten Güterzüge durch leise ersetzen möchte. Doch daran zu glauben, scheint er nicht. Sechs Jahre seien bei solchen Vorhaben ja wie übermorgen. Klar ist: die Bahn muss nichts machen, sie genießt Bestandsschutz. Und so hält man die Fenster besser geschlossen, wenn man Stille bevorzugt.

Spatenstich auf dem ehemaligen Güterbahnhof

Zwei- bis dreimal im Jahr möchte das Stadtmarketing die öffentlichen Führungen durch die Neue Weststadt künftig anbieten. Viel wurde über das Esslinger Stadtquartier diskutiert und geschrieben, doch ein Rundgang mit Planern und Experten soll nun veranschaulichen, was seit Jahren Politikum und Traum der Planer ist.

Die Führung am Dienstag startete am späten Nachmittag in der Kommbox des Saarbrücker Investors RVI. Einsam und auffällig stehen die sechs aufeinandergestapelten Baucontainer in hellem Königsblau auf dem Areal des ehemaligen Güterbahnhofs. Schon kommende Woche wird hier am Bauabschnitt Block B der Spatenstich erfolgen. In fünf Jahren soll die Brache der Vergangenheit angehören. Zwischen dem Bahnhof im Osten und der Schlachthausstraße im Westen sowie zwischen der Fleischmannstraße und der neuen Südtangente werden mehr als 500 Wohnungen entstehen. Auch Gewerbetreibende sollen sich zu einem Drittel ansiedeln.

Da es bislang nicht viel zu sehen gibt, führten Wallbrecht und Weidner die Teilnehmer nach einigen erklärenden Worten in Richtung Hengstenberg-Areal. Entlang des Rossneckarkanals, vorbei an Containern, in denen Asylbewerber leben, und dem Stadtstrand ging es rechts über die Brücke ins neue Quartier. „Ab hier beginnt das Gebiet der EWB“, sagte Wallbrecht und übergab das Wort an Gottfried Weidner. Der Projektmanager für den Neubaubereich bei der EWB kam die deutlich einfachere Aufgabe zu, denn an diesem Ort wird Interessierten nicht viel Fantasie abverlangt. Schließlich ist das Areal weitestgehend bebaut, auch wenn sich einige Gebäude noch im Rohbau befinden.

Nicht überall gibt es Mieter

Längst in Betrieb sind die Volkshochschule oder das Studentenwohnheim. Zurückgekehrt ist kürzlich die Firma Hengstenberg, und auch Südwestmetall baut ein neues Büro. Doch das ein oder andere Sorgenkind plagt die Verantwortlichen noch. Auch wenn sie sich nach außen hin optimistisch gaben. So gibt es weder einen Nachfolger, noch eine neue Lösung für die einst geplante Markthalle unter dem Fitnesszentrum. Nachdem der Investor keine Mitbetreiber finden konnte, wurde sein Vertag aufgelöst. Und auch das Gründerzentrum Life Science wartet auf Mieter. „Es gibt Interessenten, aber noch keinen unterschriebenen Mietvertrag“, sagte Weidner. Demnächst will man mit einem Plakat zur Mettinger Straße hin potenzielle Mieter locken.

Für die auffällige Heterogenität der einzelnen Gebäude lieferte Wallbrecht die Erklärung: „Es soll aussehen, als sei es ein gewachsenes Quartier und nicht aus einem Guss.“ Damit jeder Block einen eigenen Stil erhält, verpflichtet man für jeden Block ein anderes Architekturbüro.