Diesen Donnerstag erscheint „Asterix bei den Pikten“. Der 35. Band der Geschichten um den listigen kleinen Gallier ist erstmals nicht vom Erfinder Albert Uderzo gezeichnet. Zwei Comic-Künstler haben diese Aufgabe gemeistert.

Stuttgart - Wir befinden uns immer noch im Jahr 50 vor Christus, immer noch ist ganz Gallien von den Römern besetzt, außer diesem kleinen Dorf natürlich, das weiter Widerstand leistet. Aber wir befinden uns eben auch im Jahre null, nämlich im ersten Band der Asterix-Saga, der ohne Albert Uderzo entstanden ist. In einem großen Schaffensrausch hat dieser Zeichner mit seinem kongenialen Texter René Goscinny 24 Bände um den listigen kleinen Gallier und seinen dicken, äh, nein, nur ein bisschen kräftigen Freund Obelix in die Welt gesetzt. Nachdem Goscinny 1977 starb, hat Uderzo die Asterix-Geschichten alleine weitergeführt, in viel größeren Abständen nun, und oft kritisiert von Fans, die in den Szenarien den Witz der Gründerzeit vermissten.

 

Asterix ist ein Nostalgie-Produkt geworden

Aber die Jahre, in denen diese Comics den aufmüpfigen Zeitgeist mitbestimmten, sind sowieso lange vorbei. Asterix ist ein Nostalgie-Produkt geworden, tapfer am Leben gehalten vom exzellenten Zeichner Uderzo, der sich als Texter freilich immer mehr verstolperte. Im 2005 erschienenen Band „Gallien in Gefahr“, in dem die japanische Manga-Konkurrenz als böse Aliens ins gallische Dorf plumpst, schien die Asterix-Welt sich selbst aufzulösen. Uderzo zeigte sich als sturer alter Mann, der nicht loslassen kann.

Doch jetzt, beim 35. Band, hat der 86-jährige Lordsiegelbewahrer endlich ein neues Team an sein Heiligtum herangelassen. Nein, natürlich keine jungen Wilden, der Texter Jean-Yves Ferri und der Zeichner Didier Conrad sind beide Mitte fünfzig und schon lange im Comic-Geschäft. Auf dem Cover sind ihre Namen auch klein unter den Titel „Asterix bei den Pikten“ gesetzt, während oben immer noch groß die von Goscinny und Uderzo prangen. Und bevor es losgeht, bedankt sich dieser Uderzo auch noch etwas heuchlerisch für den „Mut und das Talent“ des neuen Duos, und die Tochter Goscinnys darf darauf hinweisen, dass über diesen Band noch „Albert persönlich gewacht“ habe.


Tatsächlich ist schon im ersten Panel, einem Dorf-im-Winter-Panorama, zu erkennen, dass Conrad eingenordet respektive eingeasterixt wurde, dass er also den ruppig-expressionistischen Strich seiner Serie „Helden ohne Skrupel“ aufgegeben hat (und auch deren nihilistisch-zynische Tendenzen) und sich ganz einlässt auf den Uderzo-Stil. Auch Ferri ist sofort mitten drin in diesem Asterix-Universum, während er seine beiden Helden gut gelaunt durch den Schnee stapfen lässt, bahnt er im Hintergrund schon den altbekannten Streit zwischen Verleihnix und Automatix an, und auch Methusalix dampft vor seiner Hütte schon explosionsbereit vor sich hin.

Wenn Asterix und Obelix dann an den Strand gehen, finden sie nicht nur angespülte Römerhelme für die Sammlung des Dicken, äh, des nicht so ganz Schlanken, sondern auch einen rothaarigen Kerl im grün-gelb karierten Rock und mit blauem Tattoo, der in einem Stück Eis feststeckt. „Ein Tätowiener“, vermutet Obelix. „Sein Blick ist zum Dahinschmelzen“, schwärmt Gutemine. „Ein Pikte“ erkennt schließlich Miraculix.

Alles ist sehr vertraut – und trotzdem frisch und lebendig

Das attraktive Strandgut selber aber sagt auch im aufgetauten Zustand außer „OBLADIII OBLADAAA“ kein Wort, sondern versucht, seine Geschichte pantomimisch zu erzählen oder mit Schnee nachzubauen. Doch erst als er von Miraculix einen Zaubersprachtrank eingeflößt bekommt, nennt er seinen Namen Mac Aphon und erzählt, wie ein verfeindeter Clan ihm die Braut Camilla weggenommen und ihn selber im Meer entsorgt hat. Übrigens befindet sich sein Dorf auch im Widerstand gegen die Römer. Und so geht es für Asterix und Obelix wieder mal auf große Fahrt in ein fremdes Land, das uns allerdings bekannt vorkommt.

Überhaupt: alles sehr vertraut hier. Dass bei der auf Seite 17 beginnenden Seereise eine Seite weiter die Piraten auftauchen und versenkt werden – auch das alles andere als eine Überraschung. Und doch hat man die Wiederkehr des Immergleichen lange nicht mehr so frisch und lebendig erlebt! Nein, dieses Asterix-Abenteuer ist nicht nur eine Auftragsarbeit, Ferri und Conrad hat die Sache offensichtlich Spaß gemacht! Man sieht das an den prägnanten Physiognomien, am prächtigen Mienenspiel, auch an diesen Zornesausbrüchen, bei denen die Zöpfe erregt in die Höhe schießen. Und wie viele Abschweifungen und Nebengeschichten das Duo in die Bilder hineinpackt, ohne die Haupthandlung aus den Augen zu verlieren! Da wuselt etwa der römische Volkszählungsbeauftragte Publius Plusminus durchs gallische Dorf, geduldet zwar, aber auch immer wieder – mehr oder weniger versehentlich – vermöbelt.

Die Anhänger des Sprachwitzes sind gut bedient

Überhaupt können sich die Freunde des physischen Humors, also des Römer-aus-der-Rüstung-Hauens, nicht beklagen. Und auch die Anhänger des Sprachwitzes – hier muss auch der Übersetzer Klaus Jöken gelobt werden – sind gut bedient, wenn die bemalten Piktensteine zu Piktogrammen erklärt werden oder alle Piktennamen mit Mac beginnen und Asterix sich am Kopf kratzt und feststellt: „Die haben eine Macke.“

Die Pikten sind hier also Schottenvorläufer, die mit Baumstämmen werfen, sich mit Malzwasser betrinken und so laut singen, dass Obelix einen ihrer Barden abwatschen muss. Ansonsten kommt der dicke, äh, der gut gebaute Gallier prima zurecht in diesem Land, sogar über dieses seltsame Vieh in seinem Loch ist er sehr erfreut: „Wenn die schon so fette Otter haben, bin ich gespannt auf ihre Wildschweine!“ Das Schlusspanel führt wie immer zurück ins gallische Dorf ans Lagerfeuer. Asterix ist wieder zu Hause, ja, nach diesem Abenteuer darf man auch sagen: Asterix ist wieder da.

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