Es ist eine Premiere in Deutschland: Der Cross-Cult-Verlag eröffnet am Samstag, 27. August, einen Flagship Store. In dem Laden im Milaneo geht es nur um Mangas.

Die Welt steht Kopf. Wer erstmals einen Manga in die Hand nimmt, wird sich wundern: Er wird von hinten nach vorne gelesen. So wie in Japan. Von dort kommen die Comics, die gerade den Buchmarkt aufmischen. Und nun den Ludwigsburger Cross Cult Verlage dazu verleitet, ihnen im Milaneo in Stuttgart einen eigenen Laden zu widmen.

 

Mangas boomen

In den letzten Jahren sind die Umsätze mit Mangas im deutschsprachigen Markt im um etwa 70 Prozent gestiegen. Um mal eine Größenordnung zu nennen: Von „Dragon Ball“ hat der Carlsen Verlag 8 Millionen Stück verkauft. Bei Cross Cult haben sie Auflagen von 50 000 Stück je Buch, eine enorme Zahl in einem Markt, wo normalerweise 5000 Stück für einen gut verkauften Comic üblich sind.

Import aus Japan

Der erste Manga, der in Deutschland herausgegeben wurde, war 1982 „Barfuß durch Hiroshima – Eine Bildergeschichte gegen den Krieg“ von Keiji Nakazawa im Rowohlt Verlag. Ein vielfach preisgekrönter, hoch gelobter Manga, manchmal kaum erträglich. Die Geschichte basiert auf dem Leben Keiji Nakazawas, dessen Vater, Bruder und Schwester bei dem Abwurf der Atombombe über Hiroshima ums Leben kamen. Er selbst litt an Leukämie. Die Bücher verkauften sich kaum, zeigen aber die Bandbreite der Mangas, die in zigfacher Millionenzahl jedes Jahr in Japan erscheinen.

Die Anfänge

Andreas Mergenthaler kennt natürlich „Barfuß in Hiroshima“. Aber er ist in einer anderen, mangafreien, Zeit aufgewachsen. Wie so viele junge Stuttgarter in den 80er Jahren lernte er Comics im Heinzelmännchen in der Gloria-Passage kennen. Vornehmlich klassische Alben aus Belgien und Frankreich, oder Comics aus den USA. Und daran orientierte er sich auch, als er 2001 mit Hardy Hellstern Cross Cult gründete. Mit „Sin City“, „Hellboy“ oder „The Walking Dead“ hatten sie Erfolg.

Der Manga zum Film

2018 gründeten sie Manga Cult, Taschenbücher verlegen sie, haben eine Kinderreihe ins Leben gerufen. Doch wie im gesamten Comicmarkt dominieren mittlerweile die Mangas. 500 Titel haben sie im Angebot, sagt die stellvertretende Verlagsleiterin Luciana Bawidamann. Zu 80 Prozent tragen mittlerweile die Mangas zum Umsatz bei. Wobei sehr hilfreich ist, dass es den Manga zum Film oder zum Spiel gibt, oder Netflix und Amazon Mangas als Vorlage entdeckt haben. Das Gespür und auch das Glück, solche Stoffe zu entdecken, entscheidet mit über den Erfolg.

Japan ist in

Eine ganze Kultur hat sich rund um die Mangas angesiedelt, Japan ist ohnehin in. Oder ein europäisches Klischee von Japan: Man schlürft Ramen-Suppe, trinkt Bubble-Tee, füllt Bento-Boxen. „Das hilft natürlich“, sagt Bawidamann.

Man darf manche Manga-Liebhaber durchaus als Nerds bezeichnen, oder liebevoller als Spezialisten, die sich eingehend mit den Figuren und Helden beschäftigen. Und im Unterschied zu anderen Comics sind sehr viele Mädchen und Frauen darunter, an die sich viele Bücher richten. Diesen Fans einen Treffpunkt zu bieten, war einer der Motivationen für den Laden. Neben der Werbung und dem Umstand, dass es außer Super Juju und Wittwer-Thalia keinen größeren Comic-Verkauf in Stuttgart mehr gibt. „Dort ist das Sortiment sehr eingeschränkt“, sagt Mergenthaler. Auf den 100 Quadratmeter im eigenen Laden bestimmt man selbst, was man ins Schaufenster und in die Regale stellt.

Konkurrenz droht

Am Manga-Day, Samstag, 27. August feiert man die offizielle Eröffnung. Und bietet den Mangas und ihren Fans den angemessenen Platz. Aber obacht, anderswo arbeitet man schon an der Ablösung. Aus Korea kommen die Manhwas, und die Chinesen drängen mit den Manhuas auf den Markt. Die Comicwelt ist groß. Und steht manchmal Kopf.