Mathis Hilsenbeck ist neuer Dekanatskantor in Zuffenhausen und der erste, der den Schwerpunkt auf populäre Musik legen darf.

Auf die Frage, welche Kirchenorgel er einmal gerne spielen würde, erwidert Mathis Hilsenbeck: „Es ist ein Klischee, dass ich als Kirchenmusiker nach einer Orgel gefragt werde. Diese Assoziation haben wir, aber das ist gerade im Umbruch.“ Sei nicht jemand, der den Gottesdienst mit einer Gitarre begleite, auch ein Kirchenmusiker? „Das ist der Punkt, an dem wir uns gerade bewegen.“ Als neuer Dekanatskantor ist der 27-Jährige in den Bezirk Zuffenhausen gekommen, um einen Umbruch zu wagen und die Kirchenmusik neu auszurichten.

 

Rock, Pop, Jazz in der evangelischen Kirche? Das ist eine ziemlich große Sache in der Landeskirche und bislang einmalig. Denn in Zuffenhausen soll der junge Musiker einen ganz neuen Arbeitszweig aufbauen. „Er ist der erste Kirchenbezirkskantor in der evangelischen Landeskirche Württemberg, der als Schwerpunkt Bläserarbeit und Popularmusik hat“, betont Zuffenhausens Dekanin Elke Dangelmaier-Vinçon. Die Aufgabe traue man ihm zu.

„Das mit der Bläserarbeit ist ungewöhnlich, weil der Posaunenchor oft nicht an die Kirchengemeinde, sondern an das evangelische Jugendwerk oder den CVJM angegliedert ist“, erklärt der Kantor. Zudem gebe es vor Ort noch nichts im Bereich der kirchlichen Popularmusik. „Das muss jetzt kommen. Der Wunsch ist es, einen Jazz-/Pop-Chor zu gründen.“ Diese spezielle Kombination sei für ihn der Grund gewesen, sich auf die Stelle zu bewerben.

In der Kirche gab es viele Debatten

Die Verbindung zu Kirche und Musik hat Mathis Hilsenbeck früh geprägt: „Mein Vater ist Pfarrer, meine Mutter Religionspädagogin. Ich habe schon als Kind Klavier gespielt, später kamen Trompete im Posaunenchor und Orgel dazu“, sagt er. Dass er Musiker werden will, sei ihm früh klar gewesen. „Ich wollte zunächst, ganz weltlich, in Richtung Jazz gehen.“ Als es nach dem Abitur konkreter wurde, fand er heraus, dass man an der Kirchenmusikhochschule in Tübingen neben klassischer auch evangelische Popular-Kirchenmusik studieren kann. „Fächer wie Jazz-Klavier oder Schlagzeug und Stilrichtungen wie Gospel oder Rock sind auch dabei.“ Für ihn sei dies ausschlaggebend gewesen, sich zu bewerben. „Rein klassisch hätte ich es wohl nicht studiert.“ Den Master-Studiengang Kirchliche Popularmusik schloss er vergangenen Sommer ab. Er lernte unter anderem Jazz- und Popchöre zu leiten, mit Bands zu arbeiten und Lieder zu arrangieren.

In der Kirche gab und gibt es um das Thema der zeitgenössischen Musik viele Debatten, denn man hält an Traditionen fest – und doch bewegt sich hier und da etwas. „Was in der weltlichen Musik längst alltäglich ist, etabliert sich zunehmend auch in der Kirche.“ Der neue Kantor betont aber, dass sich an der Liturgie, also dem Ablauf des Gottesdienstes, nichts ändern solle.

Für ein Foto setzt er sich in der Pauluskirche, seinem Arbeitsplatz, lieber ans Klavier und nicht an die Orgel. Klar, der Kirchenmusiker beherrscht sie und bestimmt mögen viele das Instrument. „Da nehme ich mich aber ein bisschen raus. Für mich ist es auch gut, wenn eine Band in der Kirche spielt.“ Sein Traum ist es, eine kirchliche Big Band aufzubauen. Und wer weiß, vielleicht wird es schon im Sommer ein Konzert in der Pauluskirche geben, bei dem jazzige oder gar lateinamerikanische Töne, die er sich ebenfalls gut vorstellen kann, erklingen.