Der krankmachende und gegen viele Mittel resistente Hefepilz Candida auris breitet sich weiter aus, auch in Deutschland. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft den Erreger inzwischen als „dringliche Bedrohung“ ein.

Gesundheitsbehörden weltweit sind durch die Ausbreitung einer Pilzinfektion alarmiert. Der Hefepilz Candida auris kann zu tödlichen Infektionen führen. Gefährlich ist er besonders für vorerkrankte und immungeschwächte Menschen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf stuft den Erreger inzwischen als „dringliche Bedrohung“ ein. So haben sich etwa in den USA die Infektionen seit 2021 fast vervierfacht – von etwa 1500 Fällen auf knapp 5800 im Jahr 2022. Auch in Deutschland steigen die Infektionszahlen.

 

Was ist Candida auris?

Candida auris gehört zu den Hefepilzen. Woher der krankmachende Erreger stammt, ist noch nicht geklärt. Als sicher gilt: Candida auris verbreitet sich weltweit – und zwar in einer „alarmierenden Geschwindigkeit“ wie Gesundheitsbehörden warnen.

Erstmals wurde der Pilz laut Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin im Jahr 2009 in Japan nachgewiesen – und zwar im äußeren Gehörgang einer 70-jährigen Patientin, die mit einer Ohrinfektion zum Arzt gekommen war. Daher stammt auch der Name: „Auris“ bedeutet auf lateinisch Ohr. Nachträglich untersuchte Proben zeigen allerdings, dass sich wohl bereits 1996 ein Kind in Südkorea infiziert hatte.

Wo tritt der Pilz auf?

Durch den Pilz sind inzwischen weltweit Tausende Menschen infiziert worden – und zwar vor allem in Krankenhäusern, Reha-Kliniken sowie Alten- und Pflegeheimen. Und das ist ein Problem. Denn Candida auris ist vorrangig für vorerkrankte und immungeschwächte Menschen gefährlich. Für sie besteht das höchste Erkrankungs- und Sterberisiko.

Wie wird der Erreger übertragen?

Anders als etwa das Coronavirus, das sich hauptsächlich über virushaltige Partikel in der Atemluft überträgt, wird Candida auris durch Schmierinfektionen weitergegeben. Sprich: Der Erreger überträgt sich über kontaminierte Oberflächen – und von Mensch zu Mensch. Das ist laut Experten das Gefährliche daran, denn eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung gelingt nicht vielen Pilzen.

Alleiniger Hautkontakt verursacht allerdings noch keine Erkrankung. Der Pilz muss in den Körper eindringen. Und das passiert über Wunden, aber auch über befallene medizinische Instrumente wie Fieberthermometer, Katheter und Beatmungsschläuche. Das ist nicht nur auf falsche Hygiene zurückzuführen: Candida auris ist tückischerweise sehr widerstandsfähig. So kann der Pilz tagelang auf Oberflächen überleben. Zudem ist er gegen einige Desinfektionsmittel und Antimykotika resistent, also Wirkstoffe zur Bekämpfung von Pilzbefall.

Für wen ist Candida auris gefährlich?

Für die breite Bevölkerung besteht kein Grund zur Beunruhigung. „Für einen gesunden Menschen ist Candida auris keine Bedrohung“, sagt etwa der Mikrobiologe Oliver Kurzai, Vorstand am Institut für Hygiene und Mikrobiologie an der Uni Würzburg. Man muss daher auch keine besonderen Schutzmaßnahmen beachten – außer Hygieneregeln, die ohnehin gelten. Dazu gehört unter anderem das regelmäßige, gründliche Händewaschen.

Sind jüngere, fitte Menschen betroffen, handelt es sich laut WHO meist um eine so genannte „Besiedlung“. Sprich: Candida auris wird zwar am Körper nachgewiesen, etwa in den Achselhöhlen oder in der Leistengegend, eine Gesundheitsgefahr besteht dabei aber nach Angaben von Experten nicht.

Anders sieht es aus, wenn die Pilze etwa über Wunden in den Körper eindringen: Dann kann es gefährlich werden. Vor allem für Menschen mit geschwächtem Immunsystem, etwa durch bestimmte Vorerkrankungen, und für Patienten auf Intensivstationen. Hat es der Pilz erst mal in den Organismus geschafft, kann er schwere Erkrankungen auslösen.

Wann vermehren sich Pilze?

Eine gewisse Mengen an Pilzen am Körper ist ganz normal. Unser Immunsystem sorgt dabei dafür, dass sie sich nicht im Übermaß vermehren. Unter bestimmten Bedingungen können sich Pilze jedoch ausbreiten. Am wohlsten fühlen sich alle Arten von Fadenpilzen (Dermatophyten) und Hefepilzen (Candida) bei Temperaturen zwischen 30 und 40 Grad sowie in einem feuchten Mikroklima.

Vermehren sich Pilze im Übermaß, kann es zu den unterschiedlichsten Erkrankungen kommen. Meist sind bei Pilzinfektionen (Mykosen) Haut und Schleimhaut betroffen, etwa im Mund oder im Intimbereich. Dringen die Erreger tief in den Körper ein, können sie gefährlich werden. Sie müssen daher behandelt werden, etwa mit Antibiotika.

Welche Symptome löst Candida auris aus?

Auch Candida auris kann viele Arten von Infektionen verursachen – mit ganz unterschiedlichen Symptomen. So kann der Hefepilz Ohren, Augen, Harnwege, das zentrale Nervensystem, die inneren Organe und auch die Knochen befallen.

Dringt der Erreger in den Blutkreislauf ein, kann er eine Blutvergiftung (Sepsis) auslösen. Vor allem in diesem Fall oder wenn er die inneren Organe befällt, kann es lebensbedrohlich werden. Eine frühe Diagnose und Behandlung ist daher entscheidend.

Wie viele Fälle gibt es in Deutschland?

Nachgewiesen ist Candida auris laut WHO inzwischen in mehr als 50 Ländern. Während die Fallzahlen vielerorts – und dabei vor allem in den USA – in die Tausende gehen, ist die Lage in Deutschland laut einer kürzlich im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichten Studie noch überschaubar. Bis Ende 2022 seien 43 Fälle erfasst worden. Die gute Nachricht dabei auch: Derzeit muss sich kein Patient sorgen, sich in einem deutschen Krankenhaus anzustecken.

Das Forschungsteam aus Würzburg, Jena und Berlin unter der Leitung von Oliver Kurzai kam aber auch zum Ergebnis, dass die Zahlen in den vergangenen zwei Jahren gestiegen sind: „Unsere Analysen zeigen – zum Glück nach wie vor auf sehr niedrigem Niveau – einen deutlichen Anstieg der Candida-auris-Importe nach Deutschland“, so der Mikrobiologe. Man müsse zudem von einer Dunkelziffer ausgehen, denn aktuell sei die Erkrankung nicht meldepflichtig. Das Team setze sich nun aber beim RKI „dafür ein, dass sie es wird. Denn nur so bekommen wir auch gesicherte Zahlen und eine frühzeitige Warnung.“