Sven Schüler ist der neue Polizeichef im Strohgäu. In der Großen Kreisstadt hat er sein Büro, doch mit Verwaltungsarbeit begnügt er sich nicht. Der Streifendienst hat es ihm angetan. Doch der hat ihn auch gelehrt, dass Minuten sehr lang sein können.

Ditzingen - Mediziner, Maschinenbauer – oder doch lieber Polizist? Der junge Mann, der keine Ungerechtigkeiten mag, entschied sich bei der Berufswahl vielleicht gerade deshalb auch für letzteres. Das war vor 16 Jahren. Seit wenigen Wochen leitet Sven Schüler das Ditzinger Polizeirevier. Der 34-Jährige folgt auf Frank Reiser, der im Herbst 2016 zum Polizeipräsidium Tuttlingen gewechselt hat. Seitdem war der Posten an der Spitze des Reviers vakant. Dass er den Job auch bekommen habe, sei für ihn wie „ein Sechser im Lotto mit Zusatzzahl“, hatte Schüler bei seiner Amtseinsetzung gesagt.

 

Er bezog das auch darauf, dass er noch nie so nahe an seinem Wohnort Münchingen gearbeitet hat. Im Vergleich zur bisherigen Tätigkeit verbringe er nun deutlich weniger Zeit auf der Straße. „Man gewinnt an Lebensqualität“, sagt der Mann, der zuletzt als Verkehrsreferent zum Innenministerium abgeordnet war. „Das war gut für den sprichwörtlichen Blick über den Tellerrand.“ In dieser Zeit vertrat er Deutschland im europäischen Verkehrspolizeinetz Tispol. Zweimal im Jahr trafen sich die Kollegen aus Europa in England.

Er wirbt für einen offenen und respektvollen Umgang miteinander

Wenngleich die Zeit interessant war, bestätigte sie ihn auch darin, dass er seinen Platz an der Basis sieht. Dort will er seinen „Beitrag leisten zur Sicherheit aller“, formuliert es der Polizeirat. Unmittelbar nach seinem Studium zum gehobenen Dienst wurde Schüler 2005 zum Revier in der Stuttgarter Innenstadt versetzt. „Da habe ich gemerkt, dass mir der Streifendienst liegt.“ Die Kollegen hielten zusammen. „Man weiß nicht, was auf einen zukommt. Aber das schweißt auch zusammen.“

Beizutragen, Straftaten aufzuklären, ist für ihn das eine. Viel stärker aber wiegt für ihn, durch das eigene Tun einem Opfer helfen zu können. Die Polizei, dein Freund und Helfer – dieses Bild will der 34-Jährige der Bevölkerung vermitteln. Allerdings müsse man auch nicht immer gleich die Polizei rufen, betont er. Bei Nachbarstreitigkeiten könne es durchaus hilfreich sein, zunächst miteinander zu reden. Er plädiert grundsätzlich, also auch in solchen Fällen für einen offenen und respektvollen Umgang miteinander. „Da haben wir in der Gesellschaft Nachholbedarf.“

Dabei ist ihm aus seiner Zeit in der Stuttgarter Innenstadt manches Erlebnis in Erinnerung geblieben, das ihm vor Augen führte, wie schnell der Polizist vom Freund zum Feind werden kann. Sein Kollege und er waren zu einer Schlägerei zwischen zwei Kontrahenten gerufen worden. Beide hatten jeweils ihre Gruppen hinter sich. Die Polizei wollte die Streithähne auseinanderbringen. Doch ehe sie sich versah, hatten sich die beiden streitenden Gruppen verbündet und die Beamten zu ihrem gemeinsamen Gegner auserkoren. Die Beamten mussten Verstärkung rufen.

Ein anderes Mal blieb Schüler bei dem Opfer einer Messerstecherei. Das hatte einen Bauchstich. Schüler sah, wie der Mann immer schwächer wurde. „Gefühlt hat es ewig gedauert, bis der Krankenwagen kam“, erzählt der Mann, der von sich selbst sagt, bisweilen ungeduldig zu sein. Doch in dem Fall war die Ungeduld offenbar angebracht: Das Opfer überlebte nur dank einer Notoperation.

Sport zum Ausgleich

Um nach einem stressigen Tag abzuschalten, treibt der Vater eines fünfjährigen Sohnes Sport. Seine Tage werden fortan zwar von etwas mehr Verwaltungsarbeit geprägt. Aber auch jetzt, als Chef von 80 Mitarbeitern im Revier, will der gebürtige Thüringer draußen angetroffen werden. Draußen, das heißt im Strohgäu sowohl in städtischen geprägten Gebieten nahe Stuttgart und eher ländlichen Gebieten.

Das Revier ist für Ditzingen, Gerlingen, Hemmingen und Korntal-Münchingen, also für 75 000 Einwohner zuständig. „Das Strohgäu ist sicher“, sagt Schüler. Gleichwohl merkt er an, dass man in der dunklen Jahreszeit wachsam sein und Verdächtiges melden solle. Wichtig sei für ihn und seine Kollegen, dass das Sicherheitsgefühl aufrecht erhalten bleibe. Daran will Sven Schüler mitwirken. „Der Chef sitzt nicht nur im Büro. Er zeigt sich auch draußen.“