Der 46-jährige CDU-Politiker Stephan Harbarth soll zum Richter am Bundesverfassungsgericht gewählt werden. Und der nächste Karriereschritt könnte bereits bald folgen.

Berlin - „Was ich an ihm schätze, ist seine ausgleichende, besonnene Art. Er ist kein Polarisierer. Das ist wohltuend in diesen Tagen.“ Das Lob für den CDU-Politiker Stephan Harbarth hat Gewicht, denn es kommt von der SPD. Bernd Lischka, der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sagt das über den Mann, der am Donnerstag im Bundestag zum Verfassungsrichter gewählt werden soll.

 

Günter Krings war nicht vermittelbar

Die Wahl ist längst überfällig, denn der Richter Ferdinand Kirchhof hätte schon im Juni mit seinem 68. Geburtstag aus dem Amt scheiden sollen. Aber die Kandidatenkür war alles andere als eine leichte Sache. Vorschlagsrecht hatte nach den komplizierten Spielregeln der Berufung die Unionsfraktion. Da eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag notwendig ist, musste ein Kandidat gefunden werden, der über die Koalition hinaus vermittelbar ist. Nicht nur bei der FDP, sondern auch bei den Grünen – schon weil sie in neun Landesregierungen vertreten sind. Das ist wichtig, denn auch der Bundesrat muss mitspielen. Der neue Richter soll nämlich gleichzeitig Vizepräsident des Verfassungsgerichtes werden, und darüber entscheidet die Länderkammer. Ursprünglich war in der Union Günter Krings favorisiert, der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Der konservative Westfale war aber bei den Grünen, auch bei Teilen der SPD, auf Ablehnung gestoßen.

Auf Fairness bedachtes Auftreten

Weil Harbarths diplomatisches und auf Fairness bedachtes Auftreten ihm alle Türen öffnete, blieb eine Debatte weitgehend im Hintergrund, die sonst wohl laut geführt worden wäre. Darüber nämlich, ob es sinnvoll ist, einen aktiven Bundespolitiker ins höchste Gericht zu entsenden, das doch immer wieder über heiße tagespolitische Streitfragen zu entscheiden hat. Für Burkhard Lischka ist das kein Problem: „Dass auch Politiker sehr gute Bundesrichter werden können, haben nicht zuletzt Jutta Limburg, Roman Herzog und Peter Müller gezeigt“, sagte der SPD-Politiker unserer Zeitung.

Harbarth hat seinen Bundestagswahlkreis Rhein-Neckar dreimal in Folge – 2009, 2013 und 2017 – gewonnen. Seit 2016 ist er Vize-Fraktionsvorsitzender. Bei seiner Wiederwahl erreichte er mit 98,9 Prozent das beste Ergebnis aller Stellvertreter, was seine enorme Beliebtheit in der Fraktion unterstreicht. Ein „in jeder Hinsicht, charakterlich und politisch, guter Mann“, nennt ihn der CDU-Innenexperte Armin Schuster. Erstaunlicherweise hat sich Harbarth öffentlich gerade in der Phase am stärksten exponiert, da er als Richter-Kandidat gehandelt wurde: Mit großem Nachdruck hat er sich in der aktuellen Debatte in der Union um den UN-Migrationspakt hinter die Linie der Kanzlerin gestellt und den Pakt vehement gegen Kritiker verteidigt.

Studium in Heidelberg und Yale

Der 46-jährige Harbarth hat in Heidelberg sein Abitur abgelegt und dort auch Jura studiert. Nach der Promotion erwarb er in Yale den akademischen Grad eines „Master of Law“. An der Heidelberger Uni ist er auch Honorarprofessor. Harbarth ist seit dem Jahre 2000 als Anwalt tätig. Er ist Partner der Mannheimer Sozietät SZA Schilling, Zutt&Anschütz, was ihm neben seinen Abgeordnetendiäten jährliche Einnahmen beschert, die er in den amtlichen Angaben für den Bundestag in der Stufe 10 ansiedelt – mehr als 250 000 Euro.

Seine Sozietät wurde von VW in der Dieselaffäre mandatiert. Dies hat ihm dann doch Kritik eingetragen. „Herzlichen Glückwunsch an Volkswagen, cleverer move“, twitterte etwa der grüne Finanzexperte Gerhard Schick, nachdem die Kandidatur bekannt wurde. Kritik kam auch aus zwei anderen Richtungen. Homosexuellen-Verbände halten dem Katholiken und Vater dreier Kinder vor, gegen die „Ehe für alle“ gestimmt zu haben. Und der Deutsche Juristinnenbund hätte lieber eine Frau als Vize-Präsidentin in Karlsruhe gesehen.

Harbarth hat im Falle seiner Wahl Aussichten auf einen weiteren Karriereschritt. Turnusmäßig würde er 2020 nach dem Ausscheiden von Andreas Voßkuhle das Amt des Präsidenten des Bundesverfassungsgericht übernehmen. Er wäre dann die Nummer 5 im staatlichen Protokoll.