„Wir müssen jetzt die Kurve kriegen“, sagt Jochen Schneider. Der neue Schalker Sportvorstand macht mit Trainer Domenico Tedesco weiter. Grenzenlos ist sein Vertrauen aber nicht.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Gelsenkirchen - Ehe er das Tagesgeschäft an seinen neuen Sportvorstand übergab, da ging der Großmetzger aus Rheda-Wiedenbrück höchstpersönlich für seinen Trainer in die Bütt. „In meiner gesamten Zeit auf Schalke – und das ist schon eine ganze Weile“, erläuterte Clemens Tönnies, der seit 2001 der Aufsichtsratchef von S04 ist, „da habe ich noch keinen derart akribischen Arbeiter wie Domenico Tedesco gesehen. Er ist gradlinig und loyal, als Mensch überragend – und hat es verdient, dass wir ordentlich mit ihm umgehen.“

 

Ging es nach dem Zorn des Fußballvolks auf Schalke, schien die Uhr des jungen Coaches aus dem Schurwald nahe Stuttgart ja bereits abgelaufen. Denn einen derart desaströsen Auftritt wie das 0:4 des Vizemeisters gegen den Aufsteiger Fortuna Düsseldorf, den haben in Gelsenkirchen noch die wenigstens Cheftrainer überlebt. Doch Domenico Tedesco, er darf vorerst bleiben.

Schneider kennt Tedesco schon länger

„Er ist ein wunderbarer Trainer. Wir schätzen und mögen ihn sehr“, fand dann auch Jochen Schneider bei seiner Antrittsrede lobende Worte für den Coach. Der neue Schalker Sportvorstand lernte Tedesco schon vor sechs Jahren als Co-Trainer der B-Jugend des VfB Stuttgart kennen. Wie der S04-Boss Tönnies weiß somit auch Schneider um das besondere Talent seines Cheftrainers. Eine Jobgarantie für den 33-Jährigen, der einst seine Prüfung zum Fußballlehrer in Köln als Lehrgangsbester noch vor dem Hoffenheimer Senkrechtstarter Julian Nagelsmann abgeschlossen hatte, die wollte dann aber auch Schneider nicht ausstellen.

„Es geht darum, dass wir jetzt die Trendwende schaffen, um die Kurve zu kriegen. Wir müssen alles in das nächste Spiel reinlegen. Es ist nicht die Zeit für Lippenbekenntnisse“, sagte Schneider, der in seinem schwarzem Pulli und dem schwarzem Sakko irgendwie der Situation angemessen zur Premiere aufs königsblaue Podium gestiegen war. „Wir waren alle geblendet von der Vizemeisterschaft“, räumte dann der Aufsichtsratschef Tönnies ein: „Wer jetzt nicht von einer Krise redet, der verkennt die Situation.“

Soll heißen: Wenn Schalke im Freitagsspiel bei Werder Bremen einen Punkt holt oder siegt, dann dürfte Tedesco wohl noch mindestens die Spiele der nächsten Woche in der Champions League bei Manchester City sowie in der Liga gegen RB Leipzig kriegen. Setzt es an der Weser aber wieder ein Debakel, dann dürfte es um Tedesco trotz aller Akribie und Talent geschehen sein. Dann käme der Novize Schneider, der einen äußerst fokussierten und aufgeräumten Eindruck hinterließ, wohl nicht umhin, bereits in seiner ersten Amtswoche als Schalker Sportvorstand einen Trainerwechsel vorzunehmen. Für diesen Fall kursiert beim Bundesliga-14. bereits der Name Huub Stevens, der Schalker Trainer des Jahrhunderts, der bei den Knappen aktuell im Aufsichtsrat sitzt.

Stevens ebnet für Schneider den Weg

Stevens war es auch, der Jochen Schneider den Weg zu seinem neuen Job beim FC Schalke 04 geebnet hat. „Ja, der kann das“, hatte der Niederländer entschlossen geantwortet, als sich Tönnies bei ihm nach den Qualitäten des 48-jährigen Schwaben erkundigt hatte. Von 1999 an ist Schneider stolze 16 Jahre lang beim VfB tätig gewesen, arbeitete in dieser Zeit auch zweimal mit dem Feuerwehrmann Huub Stevens zusammen.

Im Frühjahr 2015 fand sich Schneider, der in Stuttgart unter Rolf Rüssmann begann und an der Seite von Horst Heldt 2007 die Meisterschaft feierte, nach dem Ende der Ära von Fredi Bobic sogar kurz auf der Position des VfB-Sportchefs wieder. Doch als man ihm Robin Dutt vor die Nase setzte, da verließ Schneider seinen Herzensverein.

„In meiner Zeit beim VfB waren wir elfmal im internationalen Geschäft – aber es war auch viermal Abstiegskampf angesagt“, sagte Schneider, der zuletzt als Sportdirektor unter Ralf Rangnick für Red Bull Leipzig arbeitete. Es soll sich auf Schalke also keiner fragen: Der studierte Betriebswirt fühlt sich der prekären Lage gewachsen. Schneider will noch einen Sportdirektor und einen Technischen Direktor einstellen, will als Teamplayer Schalke „sportlich breiter aufstellen“. Doch Schritt eins sieht vor, dass Trainer Tedesco mit einem zersplitterten Team in Bremen erfolgreich ist.

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