Die katholische Kirchengemeinde Sankt Markus hat ihren Kindergarten neu gebaut und in diesem Zuge einen neuen Treffpunkt Familie eingerichtet – weil unter anderem der Beratungsbedarf der Eltern groß ist. Ein solches Konstrukt ist ein Novum im Dekanat Rems-Murr.

Schorndorf - Es riecht nach frisch verlegtem Boden. An den weißen Wänden fehlen Bilder, die kleinen Tische sehen nahezu unbenutzt aus und im Belegungsplan der Räume gibt es noch zu viele Lücken. Der neue Treffpunkt Familie der katholischen Kirchengemeinde Sankt Markus in Schorndorf ist erst seit drei Monaten bezogen, genauso wie der Kindergarten, der sich im gleichen Neubau befindet. Mit diesem Konstrukt betritt die Kirchengemeinde Neuland im Dekanat Rems-Murr – einen Kindergarten mit angegliedertem Familienzentrum gibt es bisher in keiner anderen Gemeinde.

 

Viele Eltern scheuen den Weg zum bestehenden Familienzentrum in Schorndorf

„Unser Dekan Manfred Unsin kannte solche Familienzentren aus seiner Zeit in Stuttgart“, erzählt Heike Mopils, die zweite Vorsitzende des Kirchengemeinderates. Sie war von Anfang an eine Verfechterin der Idee – denn der Kindergarten Sankt Markus war wegen seiner besonderen Struktur schon immer mehr als ein Ort, an dem Kinder betreut werden.

Gelegen an der Mittleren Uferstraße ist die Elternschaft stark davon geprägt, dass die allermeisten einen Migrationshintergrund mitbringen und im Umfeld viele sozial schwächere Familien leben. Es gab und gibt Verständigungsprobleme und die Tatsache, dass den Eltern der Weg zum bestehenden Familienzentrum in der Innenstadt Schorndorfs zu weit ist. „Die Erzieherinnen haben mit den Eltern Formulare ausgefüllt, haben sie zu Ämtern begleitet und geschaut, wo es Unterstützung für die Familie gibt“, erzählt Mopils, die davon überzeugt ist, dass der neue Treffpunkt Familie deswegen wichtig und wertvoll ist.

Treffpunkt Familie: Ersatz für Leitung gesucht

Ideen, wie die neuen Räume mit Leben gefüllt werden kann, gibt es viele: „Wir wollen abfragen, welche Bedürfnisse die Eltern haben“, erzählt Mopils. Denn die sollen weiterhin im Mittelpunkt der Arbeit stehen. Eine Hebamme bietet seit kurzem Babymassage an, im Sommer wird die katholische Erwachsenenbildung einen Erziehungskurs veranstalten. Eine Sozialberatung war bereits gestartet, allerdings fällt nun die bisherige Leitung der Einrichtung aus, weswegen die Arbeit im Treffpunkt frisch nach der Eröffnung schon etwas ins Stocken geraten ist. „Wir sind auf der Suche nach einem Ersatz und versuchen, die Angebote ehrenamtlich zum Laufen zu bringen“, sagt Heike Mopils, die sich bereits mit der Caritas, der Quartiersarbeit im Mühlenviertel und dem Familienzentrum im Arnold-Areal vernetzt hat.

Wegen erhöhter Formaldeyd-Werte musste der Kindergarten ausziehen

Wiederbelebt werden müssen auch viele Angebote im Kindergarten, die in den vergangenen viereinhalb Jahren nicht möglich waren: Seit September 2014 war die bislang viergruppige Einrichtung im nur wenige hundert Meter entfernte Gemeindehaus von Sankt Markus untergebracht. Wegen erhöhter Formaldehydwerte musste der Kindergarten damals Knall auf Fall umziehen. „Hinter den Erzieherinnen, aber auch hinter der Gemeinde liegt eine anstrengende Zeit“, sagt Heike Mopils.

Jeden Freitag musste ein Teil des Kindergartenmobiliars abgebaut werden, damit in dem Gemeindehaus am Sonntag Gottesdienst gefeiert werden konnte. Der Kirchenchor zog ins Gemeindehaus im Teilort Weiler um, die italienische Gemeinde traf sich in Schornbach, die Senioren wurden mit dem Fahrdienst nach Heilig Geist gebracht. „Die Gemeinde ist schon etwas zerfallen“, sagt Heike Mopils. Mit einem großen Dankfest sei der Umzug des Kindergartens in den Neubau gefeiert worden. „Jetzt müssen wir das Gemeindehaus renovieren, ich hoffe, dass die Stadt uns dabei unterstützt“, sagt Heike Mopils. Immerhin sei die gemeindeeigene Unterbringung um einiges günstiger gewesen als eine Containerlösung.

Natürlich sollen auch die Gemeinde und das Quartier etwas vom neuen Treffpunkt Familie haben. „Es ist zum Beispiel denkbar, die Spielgruppe vom Gemeindehaus hierher zu verlegen“, sagt Heike Mopils, die sich desweiteren vorstellen kann, dass Kindergeburtstage in den Räumen stattfinden, da in den Wohnungen oft der Platz dafür fehle: „Und ich würde es auch schön finden, wenn die Eltern sich und ihre Kultur einbringen und man in dem Familienzentrum voneinander lernen kann.“