Der neue Winnender OB Hartmut Holzwarth ist seit April im Amt. Mit guten Voraussetzungen will er Winnendens Zukunft gestalten.

Winnenden - Am Tag, der Winnenden veränderte, besuchte Hartmut Holzwarth eine Tagung der Unfallkasse Baden-Württemberg in Schwäbisch Hall zum Thema "Krisenmanagement". Seine Frau informierte ihn am späten Vormittag telefonisch über den Amoklauf vom 11. März 2009, bei dem 16 Menschen den Tod fanden und der das ganze Land erschütterte, die 28.000 Einwohner der Stadt im Rems-Murr-Kreis aber zu einer Gemeinschaft zusammenschweißte. Die Frage, ob Winnenden ein neues Image bleibt, verneint Holzwarth, seit dem 1. April als Oberbürgermeister Nachfolger von Bernhard Fritz, voller Überzeugung.

Der 41 Jahre alte CDU-Politiker richtet in seinem neuen Amt den Blick lieber nach vorne. "Winnenden ist heute eine attraktive Stadt mit guten Grundlagen für die Zukunft. Das gemeinsame Ziel lautet, dass Winnenden eine lebendige, eine sozial und wirtschaftlich starke, eine aufstrebende Stadt sein wird", sagt das Stadtoberhaupt.

"Neue Kraft für Winnenden"


Neue Kraft für Winnenden - mit diesem Slogan hatte Holzwarth am 31. Januar gleich im ersten Wahlgang 72,9 Prozent der Stimmen geholt. Zweieinhalb Monate zuvor hatten Winnender Bürger den seit 1998 amtierenden Bürgermeister der Stadt Creglingen (Main-Tauber-Kreis) zur Kandidatur ermuntert. Und obwohl sich Holzwarth mit seiner Familie im Taubertal wohl gefühlt, ein Haus gebaut und die Arbeit in Creglingen "auf lange Sicht geplant" hatte, wollte er sich die "einmalige Chance zur Rückkehr in die alte Heimat" nicht entgehen lassen. Seinen überzeugenden Sieg führt er darauf zurück, dass er wohl das "Gespür für das, was die Bürger erwarten und verlangen vermittelt" habe.

Nun sitzt der 41-Jährige im Chefsessel des Winnender Rathauses und muss über den Lauf der Geschichte schmunzeln. "Genau unter meinem Zimmer ist das Standesamt, wo meine Frau und ich geheiratet haben." Auch sonst ist Holzwarth der Rems-Murr-Kreis nicht fremd: Aufgewachsen in Weissach im Tal ging Holzwarth in Backnang zur Schule und war während seiner Ausbildung bereits im Winnender Rathaus tätig.

"Ich habe 16 Stunden-Tage, der Arbeitsaufwand ist sehr hoch", vermittelt er Einblicke in seine Startphase. Überrascht hat den OB, wie viel Dinge schnell und gleichzeitig angegangen werde müssen; der Umbau der Albertville-Realschule, Ort des Amoklaufes, und dessen Finanzierung ist dabei nur einer von mehreren Schwerpunkten. Die Leistungskraft der Stadt sei gut, Winnenden dank guter Haushaltsdisziplin seines Vorgängers und des Gemeinderats so gut wie schuldenfrei.

Winnenden soll mehr bedeuten als Amoklauf


"Die Nennung des Amoklaufes im Zusammenhang mit Winnenden werden wir auch künftig nicht vermeiden können, denn dies ist in der Medienlandschaft so festgeprägt. Fakt ist aber, dass die Wahrnehmung in Winnenden eine andere ist", sagt Holzwarth. Er drückt dies mit den Worten der Schüler der Albertville-Realschule bei der Trauerfeier am ersten Jahrestag des Amoklaufs aus: "Dieses schlimme Ereignis gehört zu uns, soll unser Leben aber nicht bestimmen." Was Winnenden heute präge, sei der Zusammenhalt in der Bevölkerung, das vielfältige gesellschaftliche Engagement. "Dies bleibt neben dem schweren Verlust und Schmerz das, was die Stadt in eine bessere Zukunft mitnehmen kann", erklärt der Oberbürgermeister.

Dies ist für Holzwarth bedeutsamer als die ständige öffentliche Verbindung mit dem Amoklauf. Der Amoklauf werde immer ein Teil der Stadt sein, aber er soll nicht das Synonym für Winnenden bleiben. "Winnenden kann den Zusammenhalt, der aus der Situation heraus entstanden ist, für sich nutzen. Die Menschen sind näher aneinander gerückt und wissen: Man hält zusammen, auch in solchen Krisen. Und dies ist hier vorbildlich der Fall", berichtet der Oberbürgermeister.