Das Historische Volksfest mitten in Stuttgart hat die Menschen vor vier Jahren tief berührt und begeistert. Bald wird die Fortsetzung gefeiert – mit dem neuen Wirt Michael Schmücker. Sein Personal, sagt er, trägt „keine alpenländische Dirndl und Lederhosen“.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Der Ursprung des Cannstatter Volksfests liegt in tiefer Not. Ein Vulkanausbruch auf Indonesien verändert vor über 200 Jahren das Klima auch in Deutschland. Es regnet nur noch. Getreide verschimmelt, die Kartoffeln verfaulen, nichts will reifen. All dies bringt König Wilhelm I. dazu, die Landwirtschaft zu reformieren und 1818 auf dem Wasen zu feiern. Nach harter Zeit ist’s damals freudig losgegangen – es galt, viel Schönes nachzuholen. Ein bisschen erinnert dies Michael Schmücker, den neuen Festwirt auf dem Schlossplatz, an heute. Die Pandemie hat für Entbehrungen gesorgt, für Krankheit, für Tod, bei vielen für wirtschaftliche Not. Wenn das Historische Volksfest am 24. September im Herzen von Stuttgart startet, kann auch die Rückkehr des schönen Lebens gefeiert werden. Darauf freut sich der neue Chef des Traditionszeltes sehr, das ein wichtiger Teil der Zeitreise ist, zu dem die Rasenflächen rund um die Jubiläumssäule zum zweiten Mal seit 2018 einladen.

 

Der bisherige Festwirt Marcel Benz steigt bei Grandl auf dem Wasen ein

Die Premiere des Historischen Volksfestes – eigentlich nur zum 200-Jahr-Jubiläum des Wasenspektakels gedacht – war das, was man einen vollen Erfolg nennen kann. Die entschleunigte Art des Rummels mit nostalgischer Pracht ist 2018 so gut angekommen, dass die Fortsetzung ein dringender Wunsch von vielen war. Vor vier Jahren hat der Wirt Marcel Benz die Gäste versorgt. Jetzt ist er auf den Wasen weitergezogen, wo er mit Hans-Peter Grandl zum ersten Mal in diesem Herbst das Hofbräu-Zelt gemeinsam führt. Aus einer Fülle von Bewerbungen hat die Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart zum Festwirt für das historische Treiben den in Stuttgart vielfältig tätigen Michael Schmücker gekürt, der unter anderem im Friedrichsbau-Varieté die Gastronomie verantwortet. Auch auf dem Weindorf, das am Mittwoch beginnt, ist er mit einer Laube bei der Alten Kanzlei vertreten.

Die Kartoffel spielt eine große Rolle – wie zu den Wasenanfängen

„Alpenländische Dirndl und Lederhosen gibt’s bei uns auf dem Historischen Volksfest nicht“, unterstreicht Michael Schmücker, auch keine Partymusik und deshalb kein „Layla“. Möglichst dicht will er sich an das historische Vorbild halten – und vor über 200 Jahren dachte niemand im Königreich Württemberg daran, glamouröse Trachtenfolklore aus Bayern anzuziehen. Als das Volksfest auf dem Wasen begonnen hat, sind auch keine Hähnchen serviert worden. Es war der Ochs, der sich ums Feuer drehte. Bei Schmücker wird dies auch der Fall sein, nämlich mit Rindern aus dem Hohenlohischen. Hähnchen freilich wird es auch geben, außerdem vegane und vegetarische Gerichte wie Krautwickel oder Linsen, weil der Wirt, selbst wenn es um früher geht, die heutigen Ansprüche seiner Gäste erfüllen wird. Die Kartoffel spielt dabei eine große Rolle – wie schon zu den Wasenanfängen.

Bier von Hofbräu wird aus Halbliter-Steinkrügen getrunken. Die Preise sind noch nicht festgelegt. Die steigenden Kosten treffen auch Schmücker. In Festzelten hat er bereits in jungen Jahren Erfahrungen gesammelt: auf dem Cannstatter Wasen beim früheren Festwirt Walter Weitmann, auf der Wiesn in München bei Feinkost Käfer. „Schmückers Konzept hat uns überzeugt“, sagt Andreas Kroll, der Chef von in.stuttgart und ist sicher: „Der Neue wird uns gastronomisch überraschen.“ Auf dem Historischen Volksfest, das am 3. Oktober endet, geht für Schmücker „ein Wunschtraum in Erfüllung“.

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