Unermüdlich und leichtfüßig: der Ex-Beatles-Schlagzeuger Ringo Starr legt schon wieder eine neue CD vor.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Bei manchen älteren Herren wirkt es etwas deplatziert, sie als „nach wie vor rüstige Senioren“ zu bezeichnen. Ringo Starr zum Beispiel, einst Schlagzeuger bei den Beatles, feiert demnächst zwar seinen 72. Geburtstag, verströmt aber – mal davon abgesehen, dass er wie ein Mittvierziger aussieht – ungebremsten Schaffensdrang. Keine zwei Jahre ist es erst her, dass er sein letztes Album veröffentlicht hat, heute erscheint nun sein neues Werk, insgesamt hat er in den letzten neun Jahren fünf Alben eingespielt.

 

„Ich mag mein Arbeitstempo“, verkündet er lapidar, zumal heutzutage ja alles viel einfacher sei als damals, als man in der legendären Abbey Road über den Zebrastreifen ins Tonstudio latschen musste: „Dank der neuen Technik muss ich nicht mehr in ein Studio gehen, sondern kann zu Hause arbeiten. Ich kann morgens mit Barbara eine Tasse Tee trinken und mit dem Hund spazieren gehen. Ich kann die Arbeit in den Alltag integrieren, und das funktioniert ausgezeichnet“, so Ringo Starr. Er ruht in sich, wunderbar ausgeglichen, in seiner Wahlheimat, dem sonnigen Kalifornien, mit dem Ruf einer lebenden Legende versehen und selbstverständlich aller finanziellen Sorgen ledig.

Gelassen kann er also zum Beispiel mit dem Eurythmics-Kopf Dave Stewart in dem Song „In Liverpool“ erzählen, wie sie beide in ihrer Heimatstadt groß geworden sind und einen Club besingen, in dem er vor etwas mehr als fünfzig Jahren einmal auf der Bühne stand und seinerzeit ganz schön unerhörte Musik spielte. Die Meriten sind längst eingefahren, weswegen man dem Mann gewiss verzeihen wird, dass aus ihm kein großer Sänger mehr werden wird. Wie man es ihm partout auch nicht krumm nehmen mag, dass er nicht mehr den Ruf eines kühnen Avantgardisten anzustreben gedenkt.

Leichtfüßig, auch mal ein bisschen Rock-’n’-Roll

Zu hören ist auf dem schlicht „2012“ betitelten Album bodenständiger Poprock, mal mit ein paar Reggaebeats garniert („Wings“), mal leicht lateinamerikanisch („Samba“) angehaucht, mal nach alten Rock-’n’-Roll Kämpen wie Buddy Holly klingend („Rock Island Line“) und mal nach der Band, der er vor gerade einmal 42 Jahren noch angehört hat – interessanterweise in Buddy Hollys „Think it over“, der einzigen der neun Nummern, die nicht aus seiner eigenen Feder stammt.

Alles ist dezent und gediegen instrumentiert, als Mitmusiker gehen dem Schlagzeuger altgediente Könner, Kollegen und Freunde wie Van Dyke Parks, Charlie Haden, Don Was, der genannte Dave Stewart (der zuletzt originellerweise mit Mick Jagger musiziert hat) und der 64-jährige Joe Walsh zur Hand, Letzterer ist seit Kurzem übrigens auch Ringo Starrs Schwager.

Heraus kommt folglich ein Album, das man bestens bei einem Tässchen Five o’Clock Tea auf einer Villenterrasse mit Meerblick in Malibu hören könnte – nachdem man am Strand mit dem Hund spazieren war. „Step lightly“ heißt bezeichnenderweise der beste Song des Albums: treffend in jeder Hinsicht für den leichtfüßigen Ringo Starr.

Ringo Starr 2012. Hip-O-Records/Universal