Im Norden Frankreichs entsteht ein Zentrum für Elektromobilität. Nun will der chinesische Envision-Konzern dort Milliarden Euro in eine Batteriefabrik investieren und dem Autohersteller Renault zuliefern.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Paris - In Douai erinnern sich viele Menschen noch an die guten Zeiten. Damals, als rund um die Stadt im nordfranzösischen Kohlebecken aus den kilometertiefen Gruben Tag und Nacht das „schwarze Gold“ gefördert wurde und zahlreiche Stahlwerke zum Wohlstand der Region beitrugen. Eines Tages aber redeten die Wirtschaftsbosse aber nur noch von Globalisierung, dann begann der Niedergang, und mit ihm kam die Arbeitslosigkeit und die große Depression.

 

Frankreichs stolzer Präsident

In diesen Tagen reisen plötzlich wieder Politiker und Manager in die lange vergessene Region. In den nächsten Jahren soll rund um Douai an der Zukunft gebaut werden. Nun machte sich sogar Frankreichs Präsident höchst persönlich auf den Weg. Emmanuel Macron verkündete voller Stolz, dass der chinesische Envision-Konzern in Nordfrankreich bis zu zwei Milliarden Euro in eine Batteriefabrik investieren und dem Autohersteller Renault zuliefern wird. 2024 soll das Werk mit der Produktion beginnen, bis zum Ende des Jahrzehnts sollen 2500 Jobs geschaffen werden.

Renault auf der Flucht nach vorne

Renault schloss nach eigenen Angaben eine Partnerschaft mit Envision AESC. Damit wolle der Autohersteller bei E-Autos wettbewerbsfähiger werden. Envision AESC sei bereits Partner des japanischen Herstellers Nissan, mit dem Renault in einer Allianz verbunden ist. Der neue Renault-Generaldirektor Luca de Meo setzt bei dem Umbau des angeschlagenen französischen Autobauers vor allem auf die Entwicklung von E-Autos. Es ist gewissermaßen eine Flucht nach vorne, denn Renault hatte mit dem Verkauf von konventionellen Fahrzeugen zuletzt milliardenschwere Verluste eingefahren.

Renault koordiniert seine Investition zusammen mit „ElectriCity“, einem neuen Produktionszentrum für Elektrofahrzeuge in der Region, das die Standorte Douai, Maubeuge (Nord) und Ruitz (Pas-de-Calais) vereint. Im Moment arbeiten dort etwa 5000 Menschen. Geplant ist, dass in Douai der elektrische Mégane und der neue R5 gebaut werden, in Maubeuge der Kangoo. Das Ziel ist ambitioniert: bis 2025 sollen jährlich 400 000 Elektrofahrzeuge vom Band rollen.

Auch Stellantis investiert in der Region

Doch das ist nicht die einzige gute Nachricht, die den Bewohnern in der gebeutelten Region neue Hoffnung gibt. Renault-Konkurrent Stellantis mit den Marken Opel, Peugeot oder Fiat hat bereits den Bau einer Batterieproduktion im nur wenige Kilometer entfernen Douvrin angekündigt. „Wir sind im Stadium der Baugenehmigung“, beschreibt Matthieu Hubert, Sprecher des Unternehmens, den Stand der Dinge. Die ersten Batterien sollen Anfang 2023 produziert werden. Aber auch der Ausbau des Werkes ist schon geplant. Bis 2030 will Stellantis in Douvrin 2000 Arbeitsplätze schaffen und dann 350 000 bis 500 000 Batterien pro Jahr ausliefern.

Als großes Vorbild dient Airbus

Kritiker bemerken, dass die Investition des chinesischen Envision-Konzerns zwar eine gute Nachricht für die nordfranzösische Region sei, aber im nicht weit entfernen Brüssel sicherlich Stirnrunzeln auslösen dürfte. Bei der Europäischen Union wird daran gearbeitet, die Entwicklung und den Bau von Batteriezellen zu fördern und damit die eigene Unabhängigkeit in dem umkämpften Markt auszubauen. Frankreichs Präsident Macron formulierte in diesem Rahmen die Idee eines „Airbus der Batterien“. Als Vorbild dient ihm der erfolgreiche europäische Flugzeugbauer, der mehr als 70 Entwicklungs- und Produktionsstandorte in ganz Europa hat. Man müsse unabhängiger von Batterieherstellern in Asien werden, die die Preise anheben könnten „wie sie wollten“, warnte Macron jüngst beim Besuch einer Batteriefabrik.

Um den Ausbau in diesem zukunftsträchtigen Bereich voranzutreiben, wurde bereits 2017 eine EU-Batterieallianz ins Leben gerufen. Der Zusammenschluss vernetzt 14 EU-Mitgliedstaaten, die Europäische Investitionsbank sowie 500 Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen, die sich am Aufbau einer Batterie-Industrie beteiligen. Das Bundeswirtschaftsministerium steuert knapp drei Milliarden Euro bei.