Die neuen Vorgaben für den Alkoholverkauf und -konsum in Baden-Württemberg wird auch der Normalbürger im Alltag zu spüren bekommen.

Stuttgart - Polizeigesetz, das klingt nach Terror und Organisierter Kriminalität. Und tatsächlich dreht sich die aktuelle Reform des Paragrafenwerks, die an diesem Mittwoch in erster Lesung vom Landtag beraten wird, in weiten Teile um die wirksamere Abwehr von islamistischen Anschlägen und andere Kapitalverbrechen. Mit neuen Befugnissen zur Überwachung der Kommunikation via Handy und Internet geht die Landesregierung dabei bis an die Grenze der Verfassung. Doch die Neufassung des Polizeigesetzes und parallel dazu auch die des Ladenöffnungsgesetzes hat auch für den Normalbürger im Alltag spürbare Auswirkungen – und zwar an drei Stellen.

 

Die Ortspolizeibehörden erhalten zum ersten Mal das Recht, den Konsum alkoholischer Getränke an örtlichen Brennpunkten zu bestimmten Zeiten per Polizeiverordnung zu verbieten. Solche Verbotszonen sind in den vergangenen Jahren immer wieder von größeren Städten wie Freiburg („Bermudadreieck“), Mannheim oder Stuttgart gefordert worden, weil die Saufgelage auf einzelnen Plätzen derart überhand nahmen, dass auch Rettungsdienste nicht mehr durchkamen. In Gaststätten und Wohnungen innerhalb solcher Brennpunkte darf zwar weiterhin Alkohol getrunken werden, man darf ihn auch dorthin transportieren. Doch der Konsum in der Verbotszone, die anhand der Kriminalitätsbelastung ausgewiesen wird, ist tabu.

Verkaufsverbot wird aufgehoben

Der Gesetzgeber erhofft sich davon nicht nur mehr Ruhe und Sauberkeit für die Anwohner, sondern vor allem einen Rückgang der alkoholbedingten Straftaten. Studien verschiedener Polizeidienststellen haben nämlich ergeben, dass mit dem Alkoholkonsum regelmäßig auch Delikte wie Raub, Körperverletzung oder sexuelle Belästigung zunehmen. Die Kommunen müssen allerdings zuvor prüfen, ob es nicht mildere und ebenso effektive Mittel gibt, um die Situation an einem Brennpunkt zu entschärfen.

Auf Unverständnis stößt in den Rathäusern des Landes hingegen die geplante Lockerung des Ladenöffnungsgesetzes: Das seit 1. März 2010 geltende nächtliche Alkoholverkaufsverbot wird aufgehoben. In Supermärkten und Tankstellen ist also künftig auch nach 22 Uhr Bier, Wein oder Wodka erhältlich. Dabei hatte doch eine Evaluierung dem Verbot vor einigen Jahren eine positive Wirkung bescheinigt. Doch nun setzt man auf das neue, scharfe Schwert des Konsumverbots auf öffentlichen Plätzen: „Eines flächendeckenden Verkaufsverbots bedarf es damit nicht mehr“, heißt es in der Begründung für die Reform.

Das neue Polizeigesetz wird den Alltag der Menschen aber noch an einer dritten Stelle tangieren: Neuartige, „intelligente“ Videokameras sollen an Orten, die als Kriminalitätsschwerpunkte gelten, die Terror- und Verbrechensgefahr eindämmen. Sie sind mit einer speziellen Software ausgerüstet, um Bilder automatisch auszuwerten. Bei bestimmten Verhaltensweisen von Personen – wenn diese zum Beispiel einen Gegenstand irgendwo abstellen und diesen auch nach längerer Zeit nicht wieder abholen – wird Alarm ausgelöst. In Mannheim soll dies zunächst modellhaft erprobt werden.