Im neuen Heft „Asterix und der Greif“ machen sich die Gallier auf die Suche nach einem mythischen Sagentier. Bloß: Auf der Fährte ist auch ein Römer namens Fakenius.

Korrespondenten: Stefan Brändle (brä)

Paris - Das Problem mit der Kälte ist: Erstens gefriert der Zaubertrank. Womit er seine Wirkung verliert. Zweitens macht der Frost die Römer „ganz steif“, klagt Obelix, wenn er sich mit ihnen herumbalgt. Da unsere Gallierfreunde mittlerweile beim 39. Band angelangt sind, brauchen die Keilereien allerdings nicht mehr explizit zu sein. Ein Comicbild von einem Haufen Römer voller Veilchen, verbeulter Helme und zerbrochener Lanzen genügt, um uns wissen zu lassen, wessen Weg die Römer wieder einmal gekreuzt haben.

 

Richtig: Asterix, Jahrgang 1959, aber sonst alterslos, ist wieder unterwegs. Sein neustes Abenteuer, am Donnerstag in 17 Sprachen und einer Auflage von fünf Millionen erschienen, trägt eigentlich Trauerflor: Es ist das erste Gallier-Epos ohne den Texter René Goscinny (1926–1977) und ohne den Zeichner und nachmaligen Autor Albert Uderzo (1927–2020). Das Nachfolgerduo Jean-Yves Ferri/Didier Conrad spürte damit erstmals nicht Uderzos wachsames Auge über ihrer Arbeit. „Der Druck ist geringer“, räumte der Texter Ferri bei der Pariser Präsentation von „Asterix und der Greif“ ein. „Aber keine Angst, wir bleiben dem Geist von Goscinny und Uderzo treu.“

Lateinische Sprichwörter treffen auf Houellebecq und Verschwörungstheorien

Auch in der neuen Geschichte ist alles da: Klamauk und Running Gags („Ein Wolf!“ – „Kann man Wölfe essen?“), lateinische Sprichwörter und Gegenwartsbezüge: Für das Betreten des Römerlagers ist nicht mehr eine Losung, sondern ein „Passwort“ erforderlich. Der Plot ist gut und zielführend. Diesmal machen sich Caesars Legionäre und das Gallier-Komitee unabhängig voneinander auf nach Osten, in die „eisige, endlose Steppe, gehüllt in dicken Nebel“, wie es zum ersten völlig weißen Bild der Asterix-Ära heißt. Beide Parteien suchen dasselbe – nein, nicht den heiligen Gral, sondern den furchtbaren Greif. „Halb Adler, halb Löwe, mit Pferdeohren – eine echte Legende“, schildert ihn ein Römerkenner. „Genau wie ich“, findet Caesar und entsendet den Geografen Globulus, der bis auf die schüttere Haarpracht dem französischen Starautor Michel Houellebecq gleicht.

Casanowa will Obelix an die Wäsche

Mit von der Partie ist Fakenius, der Verschwörungstheoretiker, dem es schon verdächtig vorkommt, dass die Sonne immer im Osten aufgeht. Die Römer halten sich für die Herren der Zivilisation, haben aber Angst, auf ihrer Reise zum mythischen Steppenvolk der Sarmaten über den Tellerrand der Erde zu fallen. Doch wer zum Teutates sind die Sarmaten? Ein vergessenes Volk, das vergorene Stutenmilch trinkt, was Obelix sauer aufstößt. Die Hosen haben bei ihnen die Frauen an, allen voran die wackeren Kriegerinnen Matrjoschkowa, Supernowa und Kalaschnikowa. Die Männer dürfen den Abwasch machen. Und natürlich schnappt sich die feurige Casanowa gleich Obelix, der nicht nur wegen der Affenkälte puterrot anläuft.

Endlich startet die Suche nach dem Greif. Es geht durch Schneewehen, über Eismauern und zugefrorene Seen. Die Spannung steigt, wird unerträglich, wenn durch die klirrende Nacht Grummelgrogrumm-Töne schallen, die den Römern das Blut noch ganz gefrieren lassen. Aber nein, es war nur Obelix’ Magen, der wegen der Stutenmilch rebellierte!

Ohne das Ende zu enthüllen: Die Richtigen gewinnen, die Bösen verlieren. Und zwar richtig: Neben der Partie auch die Goldklumpen, die Houellebecq/Globulus unterwegs aufgesammelt hatte.

Asterix und der Greif Egmont, 48 Seiten, 6,90 Euro.