Freundeskreis-DJ Friction hat mit dem jungen Stuttgarter Rapper Bobby Sayyar ein Album aufgenommen. Dafür hat Chimperator sogar eine neue Plattform gegründet.

Stuttgart - Wenn alles im Fluss ist und sich schön zusammenfügt, sagt man längstens sehr gerne: läuft. Sogar im Tchibo-Schaufenster am Bodensee. Mit Hashtag, natürlich. Auch diese Geschichte läuft, die Kurzfassung: Junger MC trifft auf ein Mitglied seiner Idol-Band, das wiederum zufällig gerade ein paar neue Beats auf der Festplatte hat und den jungen MC so gut findet, dass schnell ein komplettes Album eingespielt ist. Dieses wiederum findet eines der erfolgreichsten deutschen Indie-Labels so tight und bringt die Platte schnell auf den Markt.

 

Biggie würde jetzt vielleicht noch sagen „it was all a dream“, aber es ist definitiv kein Traum, dass man seit vergangenem Freitag das Album „Hier um zu bleiben“ von DJ Friction & Bobby Sayyar auf Chimperator Select erwerben kann. Höchstens ein Traum für alle Fans von lässig-entspannten Boombap-HipHop inklusive 0711-Vibes.

Unter dem Ableger Select fördert Chimperator neuerdings Künstler, die nicht offiziell bei Chimperator gesignt sind. „Bisschen was zurück gegeben und was für die Basis tun und neue, junge Künstler unterstützten“, erklärt Chimp-Gründer und Geschäftsführer Sebastian Andrej Schweizer. Die Idee dazu entstand dank des frischen Duos, das mit einer ganzen Platte auf der Matte stand. „Bobby und Frico hatten Bock, das Album mit uns zu machen und wir hatten Bock auf das Album.“ Allerdings sei der Chimperator-Releaseplan für 2016 schon durch getaktet gewesen, Sebastian spricht vom „Release-stärksten Jahr seit Chimperator-Bestehen“, sodass man eben kurzerhand Select erfand. Der Deal sei „eine Seite lang“, alles wird geteilt, und ab dafür.

Frico und Bobby ist die Initialzündung zu verdanken
Mit Select sei man auf diese Art „extrem flexibel“, könne etwas ausprobieren und schnell und unkompliziert Musik veröffentlichen, die man vielleicht sonst nicht veröffentlicht hätte. „Wie früher, ohne große Marketing-Pläne und 100 Jahren Promo-Phase“, erinnert sich Sebastian an die Label-Vergangenheit vor dem Wahnsinn. Das nächste Select-Release kommt von einem alten Chimperator-Freund, „das Album ist saugut und hat es in der Form auf deutsch noch nicht gegeben.“ Ansonsten steckt man gerade im Rotebühlplatz-Tower überm Keller Klub die „volle Power“ in das Danju-Debütalbum „Stoned ohne Grund“, das Anfang April erscheint.

Alle folgenden „Select-Acts“ dürfen sich also bei Friction und Bobby Sayyar für die Initialzündung zur neuen Plattform bedanken, wie auch die beiden selbst sehr froh sind über diese neue Möglichkeit, die ihnen Chimperator bietet. Dabei war anfangs ein ganzes Album gar nicht geplant, sondern „einfach mal machen“, nachdem sich die beiden vor einem Jahr kennengelernt hat.

Bobby Sayyar hatte zur der Zeit die „Kessel EP“ veröffentlicht und ging, ganz der Fanboy, eines Abends im Transit direkt auf den Freundeskreis-DJ und Produzent Friction zu „und habe ihn zugelabert, wie sehr ich das, was er, Max (Herre) und Philippe (Kayser) geschaffen haben, zu schätzen weiß“, erzählt Bobby lachend, zu dessen Lieblingsplatten das Freundeskreis-Album „Esperanto“ zählt. Außerdem hat der aufstrebende Rapper Friction nach HipHop-Beats gefragt. „Dass er zu der Zeit wieder angefangen hat welche zu produzieren, war wohl Schicksal.“



Friction war schnell von Bobby´s Flow überzeugt, die Chemie im Studio stimmte und man wollte zunächst nur einen Track aufnehmen, bis Friction ein ganzes Album vorschlug. Denn der Studio-Routinier war von den Fähigkeiten des Rappers regelrecht begeistert. „Ich kenne das gut, wenn Rapper ihre Texte noch nicht fertig haben und etliche Takes brauchen bis die Aufnahme stimmt. Bei Bobby ging das one-take-mässig ab. Da habe ich schnell gemerkt, wie talentiert der Junge ist.“ Bobby wiederum spielt den Ball direkt zurück. Friction hatte schon so viele Legenden vorm Mic, „dass ich nicht mit halbgaren Sachen um die Ecke kommen kann.“

So entstand zwischen der Stuttgarter Old School und der Stuttgarter New School eine ganz besondere Dynamik, die wohl in dieser Konstellation einzigartig sein dürfte, vermutet Friction. „Mir ist aufgefallen, dass es das bisher noch gar nicht wirklich gibt, dass einer aus meiner HipHop-Generation zusammen mit einem jungen Talent etwas macht. Das ist eine Besonderheit und ich würde, sagen es hat uns beiden viel gebracht.“ Bobby bekräftigt, dass ihn die Arbeit an „Hier um zu bleiben“ beim Schreiben neuer Texte zu Gute kommt.

Fricos Klangbild ist Stuttgart pur

Zwei Generationen, ein Sound. Frictions Beats, allesamt in jüngerer Zeit entstanden, schlagen eine Brücke zwischen 1999 und 2016 und transportieren das Gefühl von damals in die Neuzeit, meint Bobby, „jedoch ohne dabei verstaubt und altbacken zu klingen.“ Die gleichnamige Single „Hier um zu bleiben“ inklusive Stuttgart-Homie-und-Places-Video wird schon seit ein paar Wochen in den hiesigen Wirtshäusern auf seine Clubtauglichkeit getestet – erfolgreich. Und dass man in der Spur des Zeitgeistes liegt und nicht altbacken ist, beweist wiederum das Engagement von Chimperator.

Und überhaupt, Stuttgart. „Ich empfinde Fricos Klangbild als Stuttgart pur. Es reflektiert perfekt das Lebensgefühl der Stadt, die Ausgelassenheit und die Ruhe“, so Bobby. „Vor allem assoziiere ich damit einfach die Art von HipHop, die Stuttgart auf der Musiklandkarte groß gemacht hat.“ Der Stuttgart-Lover konnte während der Produktion in seinen „Stuttgart-Film“ eintauchen und „du's wieder fühlst als wär es '99“, um Max Herre zu zitieren.

Und wenn es sich dann auch noch im Jahr 2016 gut anhört, dann, ja dann, läufts einfach. Und letzten Endes ist es egal ob wieder 1999 ist oder doch schon 2016, es zählt nur eine Sache: „Bobby, Friction, echter 0711-Shit, Baby!“ Und das ist es.


Friction & Bobby Sayyar treten am Dienstag, 5. April bei der Veranstaltung JägerCampFire im Bergamo/Transit auf. Mehr Infos zu den beiden gibt es hier.