WMF baut zusammen mit einem indischen Konzern ein neues Werk für Kaffeemaschinen. Der Partner, Coffee Day Global, war Indiens erster Hersteller von Kaffeemaschinen. Heute ist Coffee Day so etwas wie das indische Starbucks.

Stuttgart - Kaffeekultur ins Teeland Indien zu bringen: das war das Ziel der indischen Coffee Day Global Ltd., die 1996 ihren ersten Laden im Stile der US-Kette Starbucks in Bangalore eröffnete. Heute betreiben die Inder rund 1500 Shops und Stände in mehr als 200 indischen Städten und haben nach eigenen Angaben einen Marktanteil von 46 Prozent. Die Kette hat in den vergangenen Jahren kräftig expandiert; Shops gibt es bereits in Österreich, Tschechien und Malaysia. Der Mutterkonzern, der mit rund 17 000 Beschäftigten zuletzt einem Jahresumsatz von 220 Millionen Euro erwirtschaftet hat, ist nicht nur Franchisegeber für die Kaffeehäuser, sondern auch der größte indische Kaffeeproduzent und der erste Hersteller von Kaffeemaschinen für Geschäftskunden im Land. Rund 11 000 Firmen von der kleinen Anwaltskanzlei bis zum Großkonzern zählen zu den Abnehmern der Geräte.

 

An diesem boomenden Geschäft möchte auch der deutsche Küchenausstatter WMF teilhaben und gründet dazu ein Joint Venture mit Coffee Day. Wie der Konzern aus Geislingen am Dienstag mitteilte, sollen Tausende Kaffeemaschinen der Schweizer WMF-Tochter Schaerer für den indischen und südostasiatischen Markt künftig vor Ort in Indien produziert werden. „Wir freuen uns, dass in dem neu gegründeten Joint Venture zwei Marktführer zusammenkommen“, betonte Konzernchef Peter Feld am Dienstag. Noch in diesem Jahr soll eine erste eigene Produktionslinie eingerichtet werden; übergangsweise zunächst in einer Fabrik des indischen Partners. An dem dazu geschaffenen Gemeinschaftsunternehmen halten die Deutschen 51 Prozent und die Inder 49 Prozent.

Das neue Werk soll 2017 eröffnet werden

Von 2017 an soll die Produktion komplett in einem neuen Werk in der Nähe von Bangalore erfolgen, das beide Unternehmen zusammen aufbauen wollen. WMF nutze die Vertriebsstrukturen des Partners und liefere die Technik, heißt es weiter.

Beide Unternehmen hatten schon vor der Gründung des Joint Ventures etwas gemeinsam: US-Finanzinvestor und WMF-Eigentümer Kolberg Kravis Roberts (KKR) ist bereits seit 2010 an den Coffee Day Resorts beteiligt, einer Luxushotelkette und Tochter des Coffee-Day-Konzerns.

Der Deal habe keinen Einfluss auf die europäischen Fertigungsstandorte für Kaffeemaschinen, weder auf das Schaerer-Hauptwerk in Zuchwil im Kanton Solothurn noch auf den WMF-Stammsitz in Geislingen, erklärte ein Unternehmenssprecher auf StZ-Anfrage. Das in Indien gefertigte Modell namens „Coffee Factory“ werde ausschließlich für den asiatischen Markt produziert und sei an die besonderen klimatischen Bedingungen und die Bedürfnisse der dortigen Kunden angepasst. Die hohen Temperaturen erfordern laut dem Sprecher spezielle Brüheinheiten, zudem würden die Inder ihren Kaffee nicht so stark trinken wie etwa ein Mitteleuropäer. Die Geräte seien eine Weiterentwicklung eines Modells, das in Europa nicht mehr vertrieben werde. Durch flexible Module sollen sie sich leicht erweitern oder verkleinern lassen, auf die Anforderungen des jeweiligen Abnehmers angepasst.

WMF hat Schaerer aus der Schweiz 2006 übernommen

WMF hatte Schaerer 2006 übernommen, um seine Marktstellung im Bereich der gewerblichen Kaffeemaschinen auszubauen. Etwa zur gleichen Zeit sind die Geislinger auch in die Produktion von Vollautomaten für private Kunden eingestiegen. Abgesehen vom schweizerischen Werk, in dem 250 Beschäftigte arbeiten, produziert WMF bisher alle Kaffeeautomaten für den gewerblichen Bereich in Geislingen. An den weiteren internationalen Produktionsstandorten im tschechischen Domazlice (Hotelausstattung) und im chinesischen Heshan (Besteck) sind 72 beziehungsweise 325 Mitarbeiter tätig. Insgesamt beschäftigt der Konzern derzeit 5600 Mitarbeiter, rund 4100 in Deutschland und davon wiederum 2500 in Geislingen.

Im ersten Halbjahr 2015 stiegen die Umsätze im Kaffeemaschinengeschäft, der zweitstärksten von drei WMF-Sparten, um 14 Prozent auf 192 Millionen Euro, teilte der Konzern am Dienstag mit. Das Wachstum im Konsumgeschäft (Tisch & Küche, Filialen, Elektrokleingeräte) betrug lediglich zwei Prozent. Der Gesamtumsatz des Küchenausstatter, der gerade ein Sparprogramm abgeschlossen hat, lag mit 483 Millionen Euro sechs Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Die mit Abstand höchsten Zuwachsraten verzeichnet WMF in China: die Umsätze legten 2014 um 40 Prozent und im ersten Halbjahr 2015 noch einmal um 50 Prozent zu. WMF-Chef Peter Feld ist zuversichtlich, die asiatische Erfolgsgeschichte durch die Kooperation mit den Indern fortsetzen zu können. „Mit diesem Schritt sichern wir uns frühzeitig eine bedeutende strategische Stellung im südostasiatischen Wachstumsmarkt“, erklärte er.