Ein Quereinsteiger hat wohl seine Berufung gefunden: Das Gottlieb von Marko Schumacher ist zum beliebten Treffpunkt geworden. Im Prinzip bietet er nichts Besonderes, aber alles ist einfach gut, findet unsere Testerin Kathrin Haasis.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Der Schritt vom Journalisten zum Wirt ist deshalb so kurz, weil er nur um die Bar herumlaufen muss. Dieses Klischee hat wohl keiner besser als Hans Fröhlich erfüllt, der 1988 die noch immer nach ihm benannte Weinstube in Stuttgarts Altstadt übernahm. Vor dem Rollenwechsel hatte sich der frühere Feuilletonchef der Stuttgarter Zeitung dort mit Künstlern und Schauspielern die Nächte um die Ohren geschlagen. Heutzutage lebt der Redakteur wesentlich gesünder. Aber die Faszination für die Gastronomie ist offenbar geblieben: Mit Marko Schumacher wechselte im vorigen August wieder ein Journalist die Seiten, nachdem er mehr als 20 Jahre lang vor allem über Fußball berichtet hatte.

 

Das Lokal wirkt einladend wie ein Wohnzimmer

Gottlieb heißt sein wahr gewordener Traum am Daimlerplatz in Bad Cannstatt, den er mit seiner Frau Elke verwirklicht hat. Von außen durch die große Fensterfront betrachtet wirkt das hell eingerichtete Lokal in dem Altbau so einladend wie ein Wohnzimmer, der Blick von innen nach außen bleibt an den an der Allee parat stehenden Tischen und Stühlen vorfreudig hängen. Der Plan, einen Treffpunkt für die Nachbarschaft zu schaffen, ist aufgegangen: Auch werktags ist jeder Stuhl besetzt, und die Gäste müssen eine halbe Stunde nach Betriebsschluss sanft an den Feierabend erinnert werden.

Dabei hat die Speisekarte keine Besonderheiten zu bieten – bis auf den Umstand, dass alles einfach gut und frisch gemacht ist. Zum Frühstück gibt es die Trendgerichte Eggs Benedict (11,50 Euro), Pancakes (8,50) oder Porridge (7,50 Euro). Zu Waffeln (mit Puderzucker (4 Euro) werden auch die Eier Benedict (15 Euro) serviert. Allein der Blick in die Vitrine lässt dem Gast angesichts von Cremeschnitten, tortenähnlichem Apfelkuchen (5 Euro) und Tiramisu im Glas (8,50 Euro) das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Der Gottlieb Spritz enthält hausgemachte Limonade

Später am Tag, wenn aus dem Café eine Bar wird, stehen erprobte Begleiter für Bier, Wein und Spritz bereit: Dreierlei knusprige mit Avocado-Salsa, Burrata und Parmaschinken belegte Bruschetta zum Beispiel oder das lauwarme Panini Parma (9,50 Euro), das Italien hervorragend geschmacklich zusammenfasst. Der Tuna-Clubsandwich (8,50 Euro) klingt aber ebenso wie das Beef Tartar mit Wachtelei (15,50 Euro) wie eine interessante Alternative. Auch der Caesar Salad (13 Euro) mit einer zart gebratenen Hühnerbrust, knackigem Romanasalat und einer schön würzigen Soße macht froh und passt zum süß-bitteren Gottlieb Spritz, in dem der venezianische Aperitif Select, Sekt und die hausgemachte Limonade stecken. Mit einem Rosé vom Weingut Knipser (6,20 Euro) oder einem Negroni (8,50 Euro) könnte sich der Journalist noch die ganze Nacht am Daimlerplatz um die Ohren schlagen – wenn nicht längst Feierabend wäre.

Gottlieb Café & Bar, König-Karl-Straße 35, Stuttgart, 0711 / 39 68 43 07. Geöffnet dienstags bis freitags von 8 bis 22 Uhr, samstags von 9 bis 23 Uhr und sonntags von 9 bis 20 Uhr.

Bewertung

Küche 4 Sterne

Service 5 Sterne

Atmosphäre 5 Sterne