Beim Bürgerworkshop zur künftigen Abfallentsorgung
im Kreis Göppingen wird das komplexe Thema Müll aufbereitet. Nicht jede Frage kann dabei geklärt werden.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Kreis Göppingen - Eine ältere Dame, die bis zum Schluss aufmerksam zugehört hatte, fasste zusammen, was sie vom Bürgerworkshop zur geplanten Müllentsorgung im Kreis Göppingen mit nach Hause nimmt: „Das war eine geballte Ladung an wichtigen Informationen, die ich erst mal sacken lassen muss.“ Schade finde sie nur, dass sich im Vorfeld vieles anders dargestellt habe und dadurch völlig überflüssige Emotionen aufgekommen seien, ergänzte die Frau noch, ehe sie auf den Bus nach Uhingen eilte.

 

In der Tat haben die drei Stunden im Kreissparkassenforum gezeigt, dass nicht jede Festlegung, die in Sitzungsvorlagen steht oder von Verwaltungsbeamten vorgenommen wird, in Stein gemeißelt sein muss. So konnte nach der Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses Anfang Februar in der Tat der Eindruck entstehen, dass das künftige Sammel- und Gebührenkonzept lediglich noch beschlossen werden muss. Dass für dieses indes nur „Zusammenfassende Empfehlungen“ ausgesprochen wurden, ging weithin unter.

Verwunderlich ist das nicht. Wenn in der Beratungsunterlage beispielsweise zu lesen steht, dass „mit Einführung eines entleerungsabhängigen Gebührensystems die bisherigen Gefäße nicht mehr zur Abfallsammlung weitergenutzt werden können“, darf sich über einen Aufschrei niemand wundern. Beim Workshop im Kreissparkassenforum zeigte sich hingegen, dass ein Schreddern von 117 000 Mülltonnen sehr wohl vermieden werden kann. Und wie zu anderen Punkten auch gibt es offensichtlich Alternativen, die recht problemlos umgesetzt werden können.

Genügend Raum für Fragen und Anregungen

An den Vorschläge für das neue Modell hatte das Institut für Abfall, Abwasser und Infrastruktur-Management mitgearbeitet. Dessen Geschäftsführer Klaus Gellenbeck moderierte denn auch den Bürgerworkshop und wies zunächst darauf hin, „dass ein Sammel- und Gebührenkonzept austariert sein muss wie ein Uhrwerk, bei dem ein Rädchen ins andere greift“. Werde an einer Stelle etwas verändert, wirke sich dies an einer anderen aus, fügte er hinzu. Drei Leitziele für das Konzept gab er dennoch aus: eine Steigerung des Komforts für die Kunden, deren finanzielle Entlastung und eine Erhöhung der Anreize für eine Reduzierung der Restabfallmenge.

Damit konnten sich wohl alle Anwesenden anfreunden. Angesichts dessen, was im Vorfeld öffentlich geworden war, gab es dennoch mehr als 60 teils sehr detaillierte Fragen und Anmerkungen seitens der Besucher. Dafür, das sei angemerkt, blieb reichlich Raum, da sich neben Gellenbeck auch der Landrat Edgar Wolff und Dirk Hausmann, der Leiter des kreiseigenen Abfallwirtschaftsbetriebs (AWB), auf die wesentlichen Punkte beschränkt hatten.

Als Hauptantwortgeber hatte Hausmann ohnehin genug zu tun. Er erläuterte die Überlegungen für das künftige Gebührenmodell, den Abfuhrturnus und was es mit der zusätzlichen 60-Liter-Tonne auf sich hat. Konkrete Zahlen, wie sich all das in Euro und Cent auswirkt, nannte er trotz entsprechender Nachfragen nicht, erläuterte jedoch auch, warum ihm das nicht möglich ist. „Erst wenn wir die Parameter für das neue Konzept haben und die Ausschreibungsergebnisse da sind, können wir seriös kalkulieren“, betonte Hausmann.

Die Besucher werden um ein Meinungsbild gebeten

Gellenbeck ergänzte, dass es auf der Kostenseite eine wesentliche Rolle spiele, ob etwa die Gebühren über die Eigentümer oder weiterhin über die Mieter eingezogen würden, ob es jährlich nur noch zwei statt wie bisher fünf Termine für die Grünschnittabfuhr gebe oder ob der Biobeutel durch eine Biotonne ersetzt werde.

Erstaunen rief Gellenbeck hervor, als er die Anwesenden um ein Meinungsbild bat. Dabei zeigte sich eine leichte Zustimmung für das erwogene Leerungszählsystem, eine klare Mehrheit dafür, dass der Mieter der Gebührenschuldner bleibt sowie eine knappe Tendenz für die Einführung einer Biotonne und das Festhalten an einer fünfmaligen Grünschnittabfuhr. Allerdings gab es zu allen Punkten zahlreiche Enthaltungen, die deutlich machten, dass die Meinungsbildung schwerfällt.

Vor diesem Problem dürften gewiss auch etliche der zahlreich anwesenden Kreisräte stehen, die das neue Konzept in ihrer Sitzung am 22. März festklopfen sollen. Die stellenweise geäußerte Kritik, dass die Entscheidung damit übers Knie gebrochen werde, wies der Landrat Wolff zurück. „Es gibt keinen Grund, sie zu vertagen“, sagte er. Dirk Hausmann machte deutlich, „dass wir den Termin einhalten müssen, um 2022 mit dem Konzept zu starten“.