Die frühere Reichsstadt hat historisch und kulturell einiges zu bieten. Beim Tag der Stadtführungen konnten Interessierte für je 15 Minuten verschiedene Themenführungen testen.

Reges Treiben herrschte am Sonntag in den Straßen und Gassen der Weiler Innenstadt. Die Stadt- und Tourist-Info hatte zum ersten Mal zum Tag der Stadtführungen eingeladen und dazu ein umfangreiches Programm aufgelegt. 14 der insgesamt etwa 20 Stadtführerinnen und –führer stellten Kurzversionen ihrer sonst meist anderthalbstündigen Touren vor. Viele Neugierige nutzten die Gelegenheit, bei einer Art Führungshopping im 20-Minuten-Takt von einer der kostenlosen, insgesamt 42 Kurzführungen zur nächsten zu gehen.

 

Mit Mönch Thomas oder Johannes Kepler durch die Stadt

Mit dieser Aktion präsentierte die Stadt ihr vielseitiges Programm in der gesamten Stadt sowie bei Rundgängen in der Umgebung. Denn mit dem Frühling startet auch die Saison für thematisch ganz unterschiedliche Touren, die zu festen Terminen stattfinden sowie für private Gruppen individuell gebucht werden können.

Unter dem Motto „Stadtführungen neu gedacht“ wurden auch Erlebnis-Führungen mit szenischem Charakter entwickelt, bei denen etwa „Bruder Thomas“, alias Rüdiger Wagner, in Mönchskutte gewandet die Weiler Klostergeschichte wiederauferstehen lässt oder die Erzählerin Suriya Märchenhaftes zum Besten gibt. Ralf Boppel gewährt als „Bürger Randolf“ Einblicke ins manchmal recht finstere Mittelalter, etwa wenn er den Umgang mit den Kindern in der alten Lateinschule beschreibt. Ins Gewand eines Gelehrten des 17. Jahrhunderts schlüpft Hansgeorg Latt bei der Johannes-Kepler-Führung.

Sandra Fleige entwickelte im Auftrag des Stadtmarketings dieses Projekt für die beiden Städte Weil der Stadt und Waldenbuch. Der Verband Region Stuttgart unterstützte das Konzept finanziell. Schon 2015 hatte Weil der Stadt zusammen mit dem Heimatverein ein großes Ausbildungsprojekt für neue Stadtführer aufgesetzt. Davor habe es weniger Führungen bei hoher Nachfrage gegeben, deswegen habe man für Nachwuchs sorgen müssen, so Markus Wagner vom Stadtmarketing.

Nachtwächter-Führungen sind weiterhin beliebt

Zwar stehen die traditionellen abendlichen Rundgänge der Nachtwächter Gerd Diebold und Manfred Nittel weiter auf der Beliebtheits- und Bekanntheitsskala oben. Doch im Laufe der Jahre sind weitere Themen dazugekommen. So verblüfft etwa Hans Peter Selz mit seinen Erzählungen unter dem Stichwort „Sprichwörtlich“ die Zuhörer mit der Herkunft und tieferen Bedeutung von Worten und Orten, etwa wenn er erklärt, woher der Name Weil der Stadt („Ich komme aus Weil, der Stadt, im Gegensatz zu den anderen Weilern in der Umgebung“).

Und während er am oberen Marktplatzbrunnen darüber spricht, was der Ausdruck „Geld auf den Kopf hauen“ eigentlich bedeutet („Wenn man das tut, kann man die Zahl auf der anderen Seite der Münze sehen“), duften vom Rathaus her verführerisch frisch gebackene Waffeln. Der Förderverein der Heinrich-Steinhöwel-Schule versorgt unter den Arkaden die Gäste mit Kaffee und Selbstgebackenem.

Eine große Menschentraube schart sich auf dem Kirchenvorplatz um Suriya. Die Erzählerin im fantasievollen Gewand gibt mit viel Ausdruckskraft eine Geschichte von einem Spatzenpaar mit menschlichen Zügen zum Besten. Währenddessen sprechen Sandra Vollmann und Ralf-Dieter Krüger – der Theologe ist auch der Türmer von St. Peter und Paul – in der Kirche über die Kunstschätze und deren Bedeutung.

Stadtrallye für die Jüngsten

Der „Weiler Hannes“, der auch als Heckengäu-Naturführer unterwegs ist, verkörpert einen schwäbischen Hirten, wie sie noch vor einigen Jahrzehnten zu sehen waren. Er bietet Touren rund um die Stadt an, die er mit schwäbischen Texten würzt. Am Sonntag hat er seinen Standort am Hannes-Haus beim Gasthaus Schwert aufgeschlagen und erzählt dort Geschichten aus der Zeit um 1920, etwa dass dort die erste Tankstelle in der Stadt stand. Er führt die Gäste durch die vordere Vorstadt bis zur ehemaligen Mühle in der Roßbachgasse und weist dabei auf Details hin, wie versteckte Reste der alten Stadtmauer.

Markus Wagner vom Stadtmarketing zeigte sich zufrieden mit dem Aktionstag. Pro Kurzführung seien etwa 20 bis 30 Leute dabei gewesen. Und so mancher schaute auch in die geöffneten Museen hinein. Damit die kleinen Besucher ebenfalls auf ihre Kosten kamen, hatten die Tourismusleute unter dem Motto „Auf ins Abenteuer“ eine Stadtrallye mit Fragen zur Stadtgeschichte entwickelt. Wer die beantworten konnte, auf den wartete eine kleine Belohnung bei der Tourist-Info. So sah man an diesem regnerischen Tag auch so manch aufgeregte Kinder durch die Stadt flitzen.

Das Führungsprogramm ist im Netzt auf www.weil-der-stadt.de zu finden. Die Broschüre für 2023 gibt es bei der Stadt- und Tourist-Info.