Ein neues Stadtviertel im Meer soll Platz für teure Immobilien in Monaco schaffen. Doch Kritiker bezweifeln, dass dieses Bauprojekt im Mini-Fürstentum auch wirklich umweltgerecht ist.

Monaco - Überall in Monaco ragen Kräne in den Himmel, Baulärm gehört zum Alltag im kleinen Fürstentum. Doch nicht mehr nur in den Straßen der Betonhochburg wird gewühlt, auch das Meer ist zur Baustelle geworden. Wo Spaziergänger sonst vom Grimaldi-Forum auf das Wasser der Côte d’Azur schauen konnten, sehen sie nun Bauschutt und Bagger.

 

Platz für tausend Superreiche

Bis 2025 soll vor der Küste der neue Stadtbezirk Anse du Portier für rund zwei Milliarden Euro entstehen. Dafür werden dem Mittelmeer sechs Hektar Land abgerungen. 60 000 Quadratmeter an Wohn- und Geschäftsflächen sollen hier entstehen. In fünf Wohnhäusern und 14 Villen wird Platz für tausend Superreiche sein. Das von Promi-Architekt Renzo Piano entworfene Penthouse soll 100 000 Euro pro Quadratmeter kosten. Geplant sind zudem ein Park, ein Jachthafen für 30 Boote, unter dem Meeresspiegel gelegene Parkhäuser und ein Hauptplatz. Auch das Grimaldi-Forum soll erweitert werden. Zwischen den Gebäuden legt der französische Landschaftsarchitekt Michel Desvigne Gärten an.

Mangel an Luxusimmobilien

Die Regierung überwacht das Bauvorhaben, private Investoren finanzieren es. Laut Immobilienmaklern stünden Interessenten Schlange für die 120 Luxusapartments. In Monaco übersteigt die Nachfrage nach Immobilien schon seit Jahren das Angebot. Das ist auch der Grund für das Milliardenprojekt im Meer.

Weil der zweitkleinste Staat der Welt nur zwei Quadratkilometer groß ist, geht ihm der Platz für neue hochpreisige Wohnprojekte aus. Wo es noch einigermaßen vertretbar ist, werden die letzten Baulücken in der ohnehin schon dicht besiedelten Stadt geschlossen. Immer mehr Reiche zieht es nach Monaco. Auch, weil sie hier keine Einkommen- und Vermögensteuer bezahlen müssen. Die Zahl der Millionäre wuchs laut dem Knight Frank Wealth Report zwischen 2013 und 2018 um zwölf Prozent an. Jeder dritte der 38 000 Einwohner hat mindestens eine Million Euro auf dem Konto, darunter der Tennisprofi Novak Djokovic und Rennfahrer Lewis Hamilton. Sie zahlen zwischen 53 000 Euro und 100 000 Euro pro Quadratmeter, so viel wie nirgends sonst auf der Welt.

Sand aus Sizilien

Das Fundament für die künstliche Halbinsel bilden 18 riesige Betonklötze auf dem Meeresgrund, die jeweils 10 000 Tonnen wiegen. Das neu entstehende Areal wird mit 600 000 Kubikmetern Sand aus Sizilien gefüllt. Der Ministaat am Mittelmeer hat sich in den vergangenen 100 Jahren bereits um rund 20 Prozent vergrößert. Auch Dubai und Singapur haben enorme Mengen Sand verbraucht, um künstliche Inseln, neue Häfen, Wohnanlagen und Parklandschaften zu kreieren. Vor allem Dubais künstliche Inselwelt geriet zum Symbol für den Größenwahn der Golfstaaten und zur Umweltsünde. Die Aufschüttungen beeinträchtigen die natürliche Meeresströmung und stören damit die Unterwasserwelt.

Als ökologisches Vorzeigeprojekt geplant

Monacos Landerweiterung soll dagegen zu einem Öko-Vorzeigeprojekt werden. „Ich hoffe, Monacos neues ökologisches Viertel wird zu einem Vorbild für andere Immobilienprojekte am Meer“, lässt Albert II. in einer Pressemitteilung verlauten. Er habe das Bauprojekt von Anfang an durch Meeresbiologen begleiten lassen. Zudem soll die Halbinsel den Konturen der Küste folgen, um die Strömungen nicht zu beeinflussen. 40 Prozent der Energie soll aus erneuerbaren Quellen stammen. Und Autos dürfen auf der Insel erst gar nicht fahren.

Unzählige Steine mit unter Naturschutz stehenden Algen und Muscheln wurden umgesiedelt. Insgesamt werden 520 Quadratmeter Seegras umgetopft. In den nächsten 15 Jahren zeichnen Forscher mit Kameras auf, wie sich die umgesiedelten Spezies verhalten. Die Wasserqualität des neuen Lebensraums wird ständig mittels Sensoren überwacht.

Kritik von Meeresbiologen

Protest gab und gibt es trotzdem – aus dem Nachbarland Frankreich. Meeresforscher und Biologen kritisieren das Bauvorhaben, da es vielen Tieren ihren Lebensraum raubt – damit noch mehr Luxuswohnraum entstehen kann. „Monaco hat mit früheren Projekten der Landgewinnung bereits 81 Prozent der Flora und Fauna in Flachgewässern bis zehn Meter Tiefe und fast 60 Prozent in Tiefen bis 20 Meter vernichtet“, erklärt Alexandre Meinesz, Biologe an der Universität von Nizza Sophia Antipolis. Das neue Bauprojekt werde „die Biodiversität weiter reduzieren und das Leben in den ohnehin knappen flachen Küstengewässern vernichten“. Auch Nadine Niel, Vorsitzende der französischen Meeresumweltschutzorganisation Aspona, befürchtet, dass das maritime Ökosystem vor Monaco kippen könnte. Das Fürstentum gehört nicht zur EU und ist deshalb – anders als deren Mitgliedstaaten – auch nicht verpflichtet, Bauprojekte auf ihre Umweltverträglichkeit zu prüfen.

Albert II., der „Öko-Fürst“

Fürst Albert II. arbeitet seit Jahren an seinem Ruf als Öko-Fürst, fährt E-Auto und ist bekannt dafür, Plastikmüll aufzulesen. Um vor den Gefahren der Erderwärmung zu warnen, pilgerte er schon mal zum Nordpol. Der Fürst will Monaco bis 2050 in ein klimaneutrales Land verwandeln, das nicht mehr Kohlenstoffdioxid produziert als kompensiert. Auch wenn die derzeitige Verkehrssituation in dem Stadtstaat noch alles andere als ökologisch ist: Sportwagen mit enormem Spritverbrauch in den engen Straßen, Abgaswolken durch ständige Staus, Formel 1 und Hubschraubertaxis für die Reichen.

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.immobilienmarkt-in-der-region-stuttgart-wie-teuer-wohneigentum-im-umland-von-stuttgart-ist.9da8343f-0f12-45c5-80e3-f486bd90d33a.html

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ferien-in-daenemark-der-kampf-ums-daenische-sommerhaus.f013c006-ba76-4981-b83e-84f9fd74e857.html

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.probleme-mit-immobilien-sieben-dinge-auf-die-sie-beim-hauskauf-achten-sollten.b44d7302-a20f-4728-9375-7b7d176e43ae.html