Das Live-Überwachungssystem der Deutschen Bahn firmiert unter dem Namen Adam und meldet selbstständig, wenn Störungen an Aufzügen und Fahrtreppen auftreten. Auch die Fahrgäste profitieren von den erfassten Daten.

Stuttgart - Für Passanten ist der in die Wand eingelassene Schaltschrank am unteren Ende der Rolltreppe in der Lautenschlagerstraße völlig unauffällig. Die Technik dahinter ist aber nicht ohne: Als Anlagenmanager Giorgio Botta den surrenden und brummenden Schrank öffnet, sieht man darin eine kaum überschaubare Anzahl an Schaltern und Kabeln.

 

Im Dickicht des Schaltersalats deutet er auf eine kleine, orangefarbene Box: der wesentliche Bestandteil des Live-Überwachungssystems der Deutschen Bahn, kurz Adam genannt. Das Wort steht für „Ausbau der Digitalisierung im Anlagenmanagement“, ist seit Herbst 2016 bundesweit im Einsatz und ermöglicht den Bahn-Mitarbeitern, Störungen an Aufzügen und Fahrtreppen schneller zu beheben.

Tritt eine Störung auf, meldet die Box dies innerhalb von Sekundenbruchteilen mittels mobiler Daten an das System. Sofort sehen die Mitarbeiter, dass etwas nicht stimmt. Wie die Sache funktioniert, demonstriert die Bahn per Selbstversuch: Ein Mitarbeiter zieht am roten Nothebel und bringt die Rolltreppe zum Stehen. Giorgio Botta hat in der Zwischenzeit sein Netbook aufgeklappt und sich ins System eingeloggt. Neben dem Standpunkt der Rolltreppe erscheint auf dem Bildschirm ein grüner Punkt, der anzeigt, dass sie funktioniert. Kaum ist der Nothebel betätigt, färbt er sich rot: Störung! Die Demonstration hat geklappt.

Sorgenkinder sind in der Stadtmitte

Das Überwachungssystem ermöglicht den Technikern, Defekte deutlich schneller zu beheben als vorher. 90 Prozent der Störungen im Raum Stuttgart können mittlerweile innerhalb eines Tages beseitigt werden. Das System macht es außerdem möglich, die Verfügbarkeit von Aufzügen und Rolltreppen zu messen. Sie ist laut Bahn von 91 Prozent im Jahr der Einführung 2016 auf die anvisierte Zielmarke von 97 Prozent im Vorjahr gestiegen.

In manchen Fällen stehen Treppen und Aufzüge auch mal länger still. Die Sorgenkinder sind derzeit Aufzüge an der Schwabstraße, in Stadtmitte und in Winterbach im Rems-Murr-Kreis. „Da hat es Eskalationsgespräche mit dem Hersteller gegeben“, sagt Nikolaus Hebding, der Leiter des Stuttgarter Bahnhofsmanagements. Die fünf Hersteller der Anlagen haben Zugriff auf das Überwachungssystem. Wenn sich der Punkt rot färbt, können auch sie Techniker schicken.

App zeigt, ob Aufzüge defekt sind

Wichtig ist der Bahn, dass Kunden nun ebenfalls auf die von Adam gelieferten Daten zugreifen können. Sie sind in die Bahn-App „Bahnhof Live“ integriert, die bereits 400 000 Menschen auf ihrem Smartphone installiert haben. Dort sehen sie, ob Rolltreppen oder Aufzüge auf ihrem Reiseweg defekt sind, und zwar bundesweit. „Das ist vor allem für Menschen mit einer Mobilitätseinschränkung sinnvoll“, sagt Bahn-Pressesprecher Michael Greschniok. Nicht zuletzt hofft Greschniok, dass durch die transparente Datenversorgung ein Vorurteil abgebaut wird. „Viele Menschen haben ja den Eindruck, dass die Rolltreppen und Aufzüge ständig kaputt sind“, sagt er.

90 Prozent der Störungen sind laut Bahn auf Vandalismus und unsachgemäßen Gebrauch zurückzuführen. Die Folgen sind nicht billig: 145 Einsätze kosteten die Bahn im Vorjahr 62 000 Euro. „Es kommt vor, dass jemand Cola auf einen Taster schüttet oder einen Kaugummi reinklebt“, sagt Hebding. 250 Euro fallen an, um einen Taster instand zu setzen. Eine eingeschlagene Tür komme seltener vor, sagt Hebding, ist mit 9000 Euro aber auch deutlich teurer. „Wenn es dann keine passenden Türen zum Modell gibt, steht ein Aufzug auch mal vier oder sechs Wochen.“