Das Esslinger Kabarett-Duo holt zum politischen Rundumschlag aus. Ob das neue Programm einen Besuch in der Webergasse lohnt?

Esslingen - Aus dem Kabarettkeller der Galgenstricke in Esslingens Webergasse dringt in bunter Melodienfolge fröhlicher Chorgesang nach droben und draußen. Ist der Mai zwar längst gekommen, sind aber die Galgenstricke Erich Koslowski und Herbert Häfele gegangen, und hat jetzt ein Liederkreis, die Volkshochschule, der Diakonieverein oder sonst wer das Zepter übernommen – kommt mithin traute Harmonie vor ätzender Zeitkritik? Doch die Sorgen sind unbegründet: „Gemeinsames Singen schüttet Glückshormone wie Glyphosat oder so aus“, sagt Herbert Häfele drunten im Keller, und bringt so – beamerbegleitet und auf einen Schlag – die kabarettistische Sache wieder ins rechte Lot.

 

„Populeer“ lautet die neue Programmparole des Duos. Wie’s gemeint sein könnte, kann zur Premiere jeder selbst entscheiden, proppenvoll ist das verbale und musikalische Angebot jedoch allemal. Über die Malaisen bei der Massentierhaltung samt heftigst umstrittener Praxis der Ferkelkastration, des Innenministers Nöten mit den aufsässigen Klima-Kids und Angies Auslaufzeit auf der „Reste-Rampe“ spannt sich Erichs Einstiegsbogen zurück bis zu den frühen Syrern, Nordafrikanern, Italienern und Südsachsen, die alle letztlich die Geburtsstunde der Schwaben genetisch eskortiert hätten.

Wohlgeratene Venus vom Hohle Fels

Dass daraus was Rechtes entstanden sei, so Galgenstrick Koslowski, zeige sich an der wohlgeratenen, 40 000 Jahre alten Venus vom Hohle Fels bei Schelklingen. Sie habe eigentlich nur durch den reichlichen Nachschub von Kässpatzen zu dem werden können, was sie ja auch geworden ist. Die Rückblende zur Schwabenwerdung öffnete zugleich das Tor zum weiten Feld des Migrations- und Flüchtlingsthemas. Über Fake news und deren jüngsten De-Facto-Renner war man rasch bei der vor allem von rechtspopulistischer Seite geschürten NS-Formel von der „Umvolkung“. Und mit Blick auf die moralische Relativitätstheorie des AfD-Mannes Alexander Gauland zur Verbrechensbilanz der Nazizeit, schlug Koslowski vor, die Esslinger Vogelsangbrücke in „Vogelschissbrücke“ umzutaufen.

In gewohnter Arbeitsteilung übernahm Häfele den musikalischen Part. Gassenhauer, aber auch Volkslieder, dienten als Vorlagen für die „oiden Twitterleut’“ Trump und Erdogan, der „depperte Depp“ etwa wurde um die App ergänzt. Herberts Kalauer-Potpourri wiederum glänzte als wahre Fleißarbeit.

Mal scharfzüngiger Rentner, mal strammer Heimatschützer

Ob als scharfzüngiger Rentner, der Boris Palmers Bahnkritik zerpflückt, oder als strammer Vorwärtsverteidiger und Heimatschützer mit Tarnjacke und rotem Barett, der nichts gegen Kolleginnen „in eng anliegendem Kampfanzug“, aber viel gegen den derzeitigen Esslinger Baustellenboom und seine Drahtzieher hat, leitet Erich Koslowski schließlich den Schlussakkord des zeitkritischen Rundumschlags der beiden Lästermäuler ein. Dazu schlüpfen die beiden, so gut es geht, in Gelbe Säcke und intonierten ihr Credo so: Wir wollen, dass alle sich vereinen – nur für Nazis sind wir niemals, nie!

Informationen im Internet unter www.galgenstricke.de