Die Messe Stuttgart hat Ulrich Kromer mit ganz großem Bahnhof in den Ruhestand verabschiedet. Fast flossen Tränen der Rührung beim langjährigen Sprecher der Geschäftsführung.

Stuttgart - Danke fürs Zuhören, Ihnen allen einen schönen Abend – und ich bin dann mal weg“: Direkt, schnörkellos und bestimmt, wie man es von ihm kennt, hat sich Ulrich Kromer am Donnerstagabend von seinem Publikum verabschiedet. Als die 1800 Gäste im voll besetzten Saal der Messe sich daraufhin erhoben und minutenlang klatschten, musste der scheidende Sprecher der Geschäftsführung dann doch mit der Rührung kämpfen. Am 31. Januar geht der 67-Jährige nach 19 Jahren an der Unternehmensspitze in den Ruhestand. Der Neujahrsempfang war da willkommener Anlass für einen vorgezogenen inoffiziellen Abschied mit ganz großem Bahnhof.

 

Dazu gehörte natürlich jede Menge Lob auf der Bühne. Sie schätze Kromer als einen „Macher“, sagte die Wirtschaftsministerin und Messe-Aufsichtsratsvorsitzende Nicole Hoffmeister-Kraut. Das neue Duo an der Messe-Spitze, Roland Bleinroth und Stefan Lohnert, sprach von einer „Epoche“, die zu Ende gehe, beziehungsweise von einem neuen „Evolutionszyklus“, der beginne. Dazu wurden etliche Promi-Stimmen eingeblendet.

So herrschte beim Neujahrsempfang nach der spannenden Außensicht vom Vorjahr – der Gastredner Wolfgang Ischinger, unter anderem früher Botschafter in Washington, hatte fast schon prophetisch vom „abgrundtiefen Misstrauen zwischen West und Ost“ gesprochen – dieses Mal wieder die Innensicht vor. „Nabelschau“, wie der eine oder andere es nannte. Oder mit Kromers Worten, an seinen Vorredner Ministerpräsident Winfried Kretschmanngerichtet: „Der MP hat eine faszinierende Rede gehalten für die Messe, das hätte ich nie erwartet.“

Vom Kritiker zum Lobredner

Das war wohl tatsächlich das höchste Lob des Landesvaters, der von sich sagte, er habe dem Umzug der Ausstellungshallen 2007 vom Killesberg auf die Filder kritisch gesehen. Im Rückblick aber stehe er für ökonomischen Fortschritt, und auch ökologisch tue die Messe einiges, etwa mit den Solarkollektoren auf den Dächern. Nicht zuletzt signalisierten die schönen wellenförmigen Hallendächer: „Hier wird kein Kruscht gezeigt.“ Auch inhaltlich, das habe er ausgerechnet im Silicon Valley gelernt, könnten persönliche „analoge“ Begegnungen wie auf den Messen nicht durch Online-Kontakte ersetzt werden.

Ulrich Kromer hat laut Kretschmann die Landesmesse fast zwei Jahrzehnte „entscheidend geprägt, inhaltlich weiterentwickelt und im Ausland bekannt gemacht“. Der gebürtige Hesse, über die Schweiz und Sachsen ins Land gekommen, sei ein Beispiel für das schwäbische Mantra: „Schaffa statt schwätza.“ Für den Unruhestand schenkte ihm der MP zwei Bildbände – über Motorradtouren und Landgasthöfe. Das Geschenk des Abends machte aber der Ex-Wirtschaftsminister Ernst Pfister. Er spielte in einem eingeblendeten Gruß auf der Großleinwand „Muss i denn“ auf der Mini-Mundharmonika. Kromer stehe am heutigen Abend zurecht „kurz vor der Heiligsprechung“. Er selbst freue sich darauf, demnächst mit seinem alten Kameraden auf Konzerttour zu gehen und das Ländle aufzumischen.

Das Messevirus hat ihn früh erwischt

„Es funktioniert nur im Team“, sagte der Vielgelobte. Das gelte für die Branchenverbände ebenso wie für die Mitarbeiter. Das Messevirus habe ihn selbst schon in ganz frühen Jahren erwischt, und er habe festgestellt, „dass viele hier im Haus an denselben Symptomen erkrankt sind“. Mit dem Konfuzius-Zitat „Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten“ wünschte er Bleinroth und dem Nachfolger Lohnert „einen schönen Urlaub!“.

Zunächst aber wurde im Saal und im Foyer ordentlich angestoßen aufs neue Jahr, aufs Abschiednehmen, auf die anstehende Olympiade der Köche, auf die neue Blasmusikmesse und auf die künftige Automesse IAA. Kretschmann hatte betont, er halte Stuttgart für den „idealen Ort“ einer Neuauflage. Wenn die Schwaben manchmal auch, was ihre Befähigung angehe, „a bissle arg hählinga“ wären. Da hatte der Vorruheständler Kromer einen guten Tipp parat: Er habe, sagte er, gegenüber den Partnern in der Politik und Wirtschaft immer die Machbarkeit der eigenen Pläne betont: „Man darf die anderen nicht zweifeln lassen.“