Wie sieht die Stadt der Zukunft aus? Beim Neujahrsempfang der Immmobilienwirtschaft geriet selbst so mancher Experte ins Staunen.

Stuttgart - Machen Sie bitte keine Fotos!“ Der neue Stadtteil am Wasser, den Google für Toronto plant, ist offenbar noch so geheim, dass die gezeichnete Version nur für berufene Augen gedacht ist. Gereon Uerz hat Immobilienexperten aus der Region einen kurzen Einblick gewährt: die Zukunft à la Google ist autofrei, voll vernetzt – und überdacht. Uerz ist Zukunftsforscher, er arbeitet bei dem Berliner Beratungsbüro Arup, wo er sich „Leader of Foresight and Innovation Europe“ nennt. Arup agiert weltweit und berät auch das ambitionierte Projekt in Toronto.

 

Uerz war am Donnerstag zu Gast im Geno-Haus, beim Neujahrsempfang der DG Hyp und der Immobilienverbände. „Die Zukunft ist ein scheues Reh“, sagte der Sprachwissenschaftler und Soziologe, um dann doch ein paar Prognosen zu wagen. Zunächst einmal der Beton, bisher zumindest im Baugewerbe „der Stoff, aus dem die Träume sind“: Seine Zeit sei abgelaufen, er werde ersetzt werden durch Holzverbundsysteme, die schneller und billiger errichtet werden könnten. Außerdem werden in der Smart City Gebäude mehr können als nur die Menschen beherbergen.

Der Trend zum „Co-Living“, also zum gemeinsamen Leben in vernetzten Apartments sei in London schon zu sehen. Außerdem entwickle BMW mit einem chinesischen Investor in Shanghai ein Wohnprojekt unter der Marke „Mini Living“ mit Gemeinschaftsflächen und digitalen Services – jeweils zu gesalzenen Mietpreisen.

Zweites großes Thema ist laut Uerz das automatisierte Fahren. Aber nicht im Individualverkehr, sondern umgesetzt in selbstfahrenden Sammeltaxis, die sich per App ihre optimale Route basteln. Vorteil: Durch weniger Autos auf den Straßen wird Stadtraum gewonnen, Fußgänger und Händler profitieren.

Es gibt keine Blase

„Wir sind noch nicht so weit“, meinte City-Managerin Bettina Fuchs später beim Empfang. Das Auto stehen zu lassen sei für viele noch keine Option. Übrigens musste Uerz vom Zug aufs Taxi umsteigen: Wegen des Sturms gab es keine Bahnverbindung von Mannheim nach Stuttgart. Auch die Bankmanager hatten Pech: Sie konnten erst zwei Stunden später in Hamburg losfliegen und kamen kurz vor knapp. Dennoch begrüßte Georg Reutter, der Vorstandsvorsitzende der DG Hyp, gut gelaunt die Gäste. Die Immobilienbranche habe 2017 das dritte Spitzenjahr in Folge erlebt, und auch 2018 werde wohl ein gutes Jahr. „Seit 2013 diskutieren wir darüber, wann die Blase platzt. Jetzt sind wir etwas müde geworden“. Replik des Zukunftsforschers: „Es gibt gar keine Blase in dem Sinne.“

Und wie sieht Stuttgarts Zukunft aus? Einer, der ganz nah dran ist an der rasanten Veränderung der Stadt, ist Peter Leidig, der Direktor des Arcotel Caminos, nur ein paar Meter entfernt vom Geno-Haus. Er feiert an diesem Samstag, vis-à-vis der S-21-Baustelle Zehnjähriges, mit Freunden des Hauses, also Lieferanten, Buchern und Stammgästen, mit Verwandten des Personals aber auch mit der Eigentümerin der Wiener Hotelgruppe, Renate Wimmer.

Seit der Eröffnung 2007 hat das Arcotel Camino das Zimmer „Schaustelle“ mit acht Fenstern in Richtung Bahnhof und einem Teleskop. Das sei nach wie vor gut gebucht, sagt Leidig. Das Quartier, das zurzeit um das Hotel herum entstehe, habe sehr viel Potenzial. Das neue Jaz-Hotel in der Nachbarschaft kommentiert er so: „Wir wachsen mit den Herausforderungen“. Das gelte etwa für neue digitale Prozesse beim Check-in oder beim Fernsehen. Im Kern aber wolle das Camino Menschen zusammenbringen wie auf dem Jakobsweg. Dazu braucht es keine Zukunftsvisionen.