So rau und wütend wie eh und je: New Model Army haben im LKA eine Zeitreise in die Achtzigerjahre unternommen.

Stuttgart - Ein tiefer elektronischer Ton zieht durch den Saal, kehrt wieder, nach langen Sekunden der Stille. Die Band betritt die Bühne, gleich hängt die Stimme von Justin Sullivan im Raum, beginnt mit schnellem Rhythmus und Gitarrenschlägen das Konzert: New Model Army spielen im ausverkauften LKA. Wieder einmal wird das LKA zum Ort einer Zeitreise in die 1980er Jahre. Gerade zwei Wochen zuvor bewies Andrew Eldritch mit seiner Band Sisters of Mercy ebendort, dass es dabei auch zu echten Bruchlandungen kommen kann.

 

So etwas passiert Justin Sullivan und seinen Begleitern nicht: sie sind frisch geblieben, sie sind rau geblieben, wütend, und sie haben erst im August neue Songs veröffentlicht. „From here“ heißt das 15. Studioalbum der Band, die sich vor 39 Jahren im nordenglischen Bradford gründete. Der Nachthimmel des Albumcovers, in den sich dürre Bäume dunkel recken, dämmert im Hintergrund der Bühne; über dem Mikrophon schwebt der langmähnige Kopf Sullivans, aus dem die rauen, kehligen Protesthymnen hervorbrechen.

Sarkastische Ansagen

„From here“ mag den Sound der Band mit stärkerer Betonung auf ihre Keyboards inszenieren – auf der Bühne bleiben New Model Army eine Gitarrenband. Ihr Konzert gleitet durch verschiedene Stimmungslagen; Sullivan spielt einige Songs auf akustischer Gitarre, Ceri Monger, Bassist seit 2012, arbeitet sich an seiner Seite ab. Immer wieder preschen sie vor, angefeuert vom energischen Schlagzeug Michael Deans, treiben die Stimmung auf die Spitze. Mit „51th State“, ihrem Hit von 1986, gelingt ihnen das spielend, das Publikum hat auf dieses Stück gewartet, singt mit: „Here in the Land of Opportunity…“ Der aufgekratzte Ohrwurm kommt früh schon, New Model Army mischen ihre Klassiker konsequent mit neuerem Material. Fünf Stücke stammen vom neuen Album, dazwischen die höhnischen, bitteren Evergreens: „Bad old World“ von 1993, „Here comes the War“ von 1987. „Vagabonds“ vom Erfolgsalbum „Thunder and Consolation“, 1989, ist noch ein Stück, das wild gefeiert wird.

New Model Army sind nicht zum ersten Mal im LKA, sie wissen in welcher Stadt sie spielen – Stuttgart 21 und der Brexit gehen Hand in Hand durch Justin Sullivans sarkastischen Ansagen. Zam Helga, Songwriter und Gitarrist, spielte früher schon im Vorprogramm der zornigen Briten, bereitete ihr Konzert nun mit kräftigen Rocksongs und einem Streifzug durch seine eigene Geschichte vor. New Model Army haben gut anderthalb Stunden im LKA gespielt, haben sich kräftig, rotzig, forsch und melancholisch gezeigt – nicht beim besten Hallensound, aber so muss es vielleicht eben doch manchmal sein.