Sie haben keine Zeit oder kein Interesse, zur Bundestagswahl 2021 wählen zu gehen? Wir erklären, was mit Ihrer Stimme passiert und wem Nichtwähler indirekt helfen.

Katrin Jokic

In einer Demokratie verstehen viele Menschen das Recht zur Wahl als höchstes Gut. Doch nicht jeder kann oder möchte wählen gehen. Wer noch unsicher ist, fragt sich dabei oft: Was passiert eigentlich mit meiner Stimme, wenn ich nicht wählen gehe?

 

Ganz einfach lässt sich sagen: Wenn Sie nicht wählen, passiert mit Ihrer Stimme gar nichts. Bei der Auszählung der Wahl sind schließlich nur die abgegebenen, gültigen Stimmen von Bedeutung.

Doch natürlich beeinflusst auch das Nichtwählen gewissermaßen die Wahl.

„Nicht wählen hilft den Falschen“ – Ist da was dran?

Rund um Wahlen trifft man immer wieder auf Slogans wie „Nicht wählen ist nicht neutral“ und „Wer nicht wählt, wählt rechts“ – doch stimmt das überhaupt?

Prinzipiell profitieren nicht nur rechte oder extreme Parteien von Nichtwählern, sondern alle Parteien. Denn jede Partei kann mit weniger (absoluten) Stimmen ihr angestrebtes (prozentuales) Wahlziel erreichen, je mehr Nichtwähler es gibt.

Ein Rechenbeispiel: Eine Partei hat sich zum Ziel gesetzt, bei der Wahl 12 % zu erreichen. Gehen 5 Millionen Menschen zur Wahl, müssen also mindestens 600.000 für diese Partei stimmen, damit das Ziel erreicht wird. Wenn aber lediglich 1 Millionen Menschen zur Wahl gehen, benötigt diese Partei zur Zielerreichung nur noch 120.000 Stimmen.

Tatsächlich profitieren vor allem die großen Parteien mit den meisten Wählerstimmen von den Nichtwählern.

Der Spruch „Wer nicht wählt, wählt rechts“ fußt auf der Annahme, dass rechte Parteien einerseits zuverlässige Stammwähler haben, die aufgrund von Parteiidentifikation oder fehlenden Alternativen immer zur Wahl gehen und andererseits, dass Ausfälle durch Nichtwähler vor allem andere Parteien spüren. Im Umkehrschluss würde dies bedeuten, dass vor allem nicht-rechten Parteien Wählerstimmen fehlen und rechte Parteien so erstarken. Tatsächlich kann diese Aussage aber nicht so pauschal getroffen werden, da die Verhältnisse von Wahl zu Wahl unterschiedlich sind.

Wer sichergehen will, dass eine bestimmte Partei (nicht) gewählt wird, fährt eben immer noch am besten damit, seine Stimme abzugeben. Falls Sie am Wahltag keine Zeit haben ins Wahllokal zu gehen, können Sie ganz problemlos Briefwahl beantragen.

Nicht wählen, ungültig wählen, sich enthalten – Wo ist der Unterschied?

Eine Enthaltung gibt es bei Wahlen in Deutschland nicht. Zwar heißt es oft, den Stimmzettel ungültig zu machen sei besser als nicht wählen zu gehen, faktisch stimmt dies aber nicht.

Für das Ergebnis der Wahl werden lediglich die gültigen Stimmen gezählt. Ob Sie gar nicht wählen oder Ihre Stimme ungültig machen ist letztlich egal, da die Prozente der Parteien nur auf den gültigen Stimmen beruhen.

Was sich ändert ist jedoch die Höhe der Wahlbeteiligung. Wenn Sie (und viele andere) nicht wählen, sinkt die Wahlbeteiligung. Die drückt aus, wie viele von den Wahlberechtigten tatsächlich an der Wahl teilgenommen haben.

Die Zahl der ungültigen Stimmen wird ebenfalls bei jeder Wahl erfasst. Sie tragen durch eine ungültige Stimme, so wie durch das Nichtwählen, dazu bei, dass alle Parteien weniger absolute Stimmen brauchen, um bestimmte prozentuale Werte zu erreichen.

Die einzelnen Schritte der Berechnung können Sie der fiktiven Beispiel-Tabelle entnehmen:

Partei Stimmen (absolut) Anteil (prozentual)
Partei A 1.458.762 41,5 %
Partei B 1.054.527 31,0 %
Partei C 1.001.801 27,5 %
     
Gesamt 3.515.090 100 %
     
Alle Stimmen
Gültige Stimmen 3.515.090 98,6 %
Ungültige Stimmen 49.910 1,4 %
     
Wahlbeteiligung
Wahlberechtigte 5.000.000 100 %
Nichtwähler 1.435.000 28,7 %
Wahlbeteiligung 3.565.000 71,3 %

In diesem Beispiel gibt es genau 5 Millionen Wahlberechtigte. 28,7 % davon entscheiden sich, nicht zu wählen. Damit liegt die Wahlbeteiligung bei 71,3 %.

Von diesen 71,3 % aller Wahlberechtigten machen wiederum 1,4 % ihre Stimme ungültig – absichtlich oder versehentlich. Das macht 3.515.090 gültige Stimmen, die sich auf die Parteien verteilen und letztlich bestimmen, wie viele Prozente eine Partei bei dieser Wahl erlangen konnte.