Den WM-Titel haben die Brüder Niklas und Magnus Landin im Januar mit Dänemark gewonnen. Nun peilen sie mit ihrem Verein THW Kiel beim Final Four um den DHB-Pokal an diesem Wochenende den ersten gemeinsamen nationalen Handball-Triumph an.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Kiel - Der große Bruder kommt dem kleinen im Normalfall gerne zu Hilfe. Dieser Beschützerinstinkt ist im richtigen Leben ziemlich ausgeprägt. Bei den beiden dänischen Handball-Brüdern Niklas (30) und Magnus (23) war das lange Zeit nicht anders. Doch seit die beiden in einer Mannschaft spielen, kommt es schon mal zum Rollentausch: Der Jüngere verteidigt den Älteren. Zum Beispiel bei der WM im vergangenen Januar. Beim dänischen 34:22-WM-Vorrundensieg gegen Saudi-Arabien versuchten die krassen Außenseiter mehrmals mit haarscharf am Kopf von Niklas vorbeigeworfenen Bällen zum Erfolg zu kommen. Irgendwann platzte Magnus der Kragen. Er sprintete übers Spielfeld, verpasste dem Angreifer einen Schubser und stellte ihn zur Rede.

 

Halbfinale gegen Füchse

Spätestens ein paar Tage danach, bei den rot-weißen Feierlichkeiten im Endspielort in Herning und auf dem Rathausbalkon in Kopenhagen, konnten beide herzhaft darüber lachen. Sie hatten gemeinsam die Weltmeisterschaft gewonnen. Ein historischer Erfolg. In doppelter Hinsicht. Es war der erste WM-Titel in der dänischen Handballgeschichte und gleichzeitig der erste große gemeinsame Triumph für die Brüder Landin. „Das ist schon etwas ganz Besonderes, den Titel gemeinsam mit Magnus zu holen“, sagte Niklas. Der zweite soll an diesem Wochenende beim Final Four in Hamburg folgen: Mit dem Gewinn des DHB-Pokals mit dem THW Kiel im Endspiel an diesem Sonntag (15.10 Uhr/ARD und Sky). Davor muss aber erst am Samstag (18.30 Uhr/Sky Sport News HD) die Halbfinal-Hürde gegen die Füchse Berlin genommen werden. Zuvor stehen sich die TSV Hannover-Burgdorf und der SC Magdeburg gegenüber (Samstag, 15.50 Uhr/ARD und Sky).

Konkurrenzkampf mit Wolff

Seit Beginn dieser Runde spielen die Landin-Brüder gemeinsam für den THW. Das vereinfacht vieles. Auch die Heimatbesuche für den älteren Bruder: Raus aus der Kieler City, rauf auf die Autobahn A7, Richtung Grenze und dann via Jütland und Fünen zu den Eltern Karsten und Annette in die Nähe von Kopenhagen. Die knapp vier Stunden können die beiden heimatverbundenen Dänen nun als Fahrgemeinschaft in Angriff nehmen. Doch vor allem der THW profitiert von den beiden Brüdern. Die Qualitäten von Niklas sind längst bekannt. Seit knapp einem Jahrzehnt gehört er zu den besten Torhütern der Welt. 2015 angelte ihn sich der THW von den Rhein-Neckar Löwen. Er ist ein Ausnahmekönner, der mit seiner 2,01-m-Statur Dominanz und Stärke ausstrahlt, der oft 25 Würfe pro Spiel abwehrt. Er taucht auch mal kurz ab, aber hält dann kurz vor Schluss die entscheidenden Würfe. Der Konkurrenzkampf mit dem deutschen Nationalkeeper Andy Wolff hat es in sich. In der neuen Saison kommt auf Landin noch mehr Verantwortung zu. Wolff wechselt zum polnischen Spitzenclub KS Kielce, Dario Quenstedt (29) kommt vom SC Magdeburg – Landin wird beim THW die klare Nummer eins sein. Seinen Vertrag hat er bis 2021 verlängert.

Viel Effizienz, wenig Show

Und Magnus, das Nesthäkchen, der kleine Bruder, der mit 1,98 Meter ziemlich groß ist für einen Linksaußen? Der hat zunächst bis 2020 unterschrieben. Der THW will ihn längerfristig halten. Kein Wunder: Er gehört nach seinem Wechsel von Kif Kolding zu den Entdeckungen in dieser Bundesligasaison. Er besticht durch seine Gradlinigkeit, weniger durch Trickwürfe, Show und Spektakuläres. Effektivität und Disziplin sind seine Markenzeichen. Er ist auf seiner Position die perfekte Ergänzung zum variantenreichen Rune Dahmke. Auch durch dessen Verletzungspech hatte Landin von Beginn an viele Spielanteile. „Magnus gibt uns als Mannschaft viel Sicherheit. Wenn wir ihn anspielen, ist der Ball fast immer drin“, lobt er den kleinen Bruder. Und noch etwas zeichnet den Rechtshänder aus: Seine Abwehrqualitäten. Magnus Landin kann auf der Halbposition decken oder auch als Spitze in einer offensiven 5-1-Formation.

Taub auf linkem Ohr

Sein großes Vorbild war immer der große Bruder. „Als Niklas Profi wurde, dachte ich: Das will ich auch“, erzählt Magnus. Wobei die Entwicklung von Niklas zum Weltstar erstaunlich ist – aufgrund eines im Profisports seltenen Nachteils. Er ist auf dem linken Ohr taub – die Folgen einer im Alter von neun Monaten erlittenen Hirnhautentzündung. Der Keeper wendet seinem Gesprächspartner deshalb immer die rechte Gesichtshälfte zu, wenn er eine Unterhaltung führt. Viel Aufhebens will er darum nicht machen: „Ich habe mich dadurch nie ernsthaft beeinträchtig gefühlt“, sagt er.

Titelchance auch im EHF-Cup

Schon eher ein Thema wäre die nächste Trophäe für die Familien-Vitrine. Und da gibt es in dieser Saison noch drei Chancen: Neben dem Endturnier um den DHB-Pokal an diesem Wochenende hat sich der THW auch für das Final Four um den EHF-Pokal am 18./19. Mai in eigener Halle qualifiziert. Und in der Meisterschaft beträgt der Rückstand auf die SG Flensburg-Handewitt auch nur noch zwei Pluspunkte.

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