„Älterwerden birgt jede Menge komisches Potenzial“, sagt Noah Baumbach (45). Der US-Regisseur spricht mit Patrick Heidmann über seinen neuen Film „Gefühlt Mitte Zwanzig“, seine Liebe zu Woody Allen und seiner Heimat New York.

Stuttgart - Zwanzig Jahre liegt es zurück, dass Noah Baumbach mit „Kicking and Screaming“ sein Debüt ablieferte. Von Donnerstag an ist seine neue Komödie „Gefühlt Mitte Zwanzig“ im Kino zu sehen.

 

Im Interview spricht der 45-jährige Regisseur darüber, wie viel Autobiografisches in dem Film steckt und was er mit Woody Allen gemeinsam hat.

Mister Baumbach, haben Sie Schwierigkeiten mit dem Älterwerden?
Befürchten Sie, dass ich in einer Midlife-Crisis stecke? Das würde ich so nicht unterschreiben. Aber natürlich ist es manchmal ein wenig seltsam, wenn man Leute kennenlernt und zum Beispiel über die Jahre spricht, in denen Bill Clinton Präsident war – und dann der Gesprächspartner anmerkt, er habe damals noch mit seinen Ninja-Turtles gespielt. Ansonsten komme ich damit aber schon klar.
Was interessiert Sie am Thema „Alter“?
Es birgt jede Menge komisches Potenzial. Außerdem finde ich, dass es Vorteile hat, kein junger Hüpfer mehr zu sein und auf Erfahrungen verweisen zu können. Trotzdem ist es unbestritten, dass sich ab einem bestimmten Alter manche Türen nicht mehr öffnen. Abgesehen davon ist es immer spannend zu beobachten, wenn sich Menschen ihrer eigenen Sterblichkeit bewusst werden. Schließlich geht es uns allen so: wir können uns nur in eine Richtung bewegen.
Steckt also auch viel Autobiografisches in „Gefühlt Mitte Zwanzig“?
Eigentlich nicht. Das habe ich zumindest nie so empfunden. Ich werde oft darauf angesprochen, und irgendwie gehen alle davon aus, ich habe vieles gemeinsam mit dem von Ben Stiller gespielten Regisseur. Dabei bin ich dem jüngeren, von Adam Driver gespielten Typen viel ähnlicher. Denn ich bin durchaus im Reinen mit meinen Ambitionen als Regisseur. Ich bin produktiv, Bens Figur braucht dagegen Jahre, um mit seinem Film fertig zu werden.
Mit Stiller haben Sie bereits in der Vergangenheit zusammengearbeitet.
Die Chemie zwischen uns stimmt, wir verbringen gerne Zeit miteinander. Bei „Gefühlt Mitte Zwanzig“ hatte ich aber auch ein bestimmtes Ziel vor Augen. In unserem ersten gemeinsamen Film „Greenberg“ war Stillers Performance etwas für ihn ungewöhnliches, ausgesprochen realistisch und ganz anders als alles, was er sonst spielt. Deswegen hatte ich Lust, mit ihm nun etwas zu drehen, was einen größeren Bezug zu seiner Art Humor hat. Ich fand es spannend, Elemente seiner ansonsten ja meist massentauglichen Komödien mit meiner Welt zu vereinen.
Mehr denn je hat spürt man in Ihrem neuen Film den Geist von Woody Allen.
Ich liebe seine Filme. Ich bin mit ihnen aufgewachsen. Und zwar in Brooklyn, wo ich auf die gleiche High School ging, die auch er besucht hatte. Ich spürte also immer schon eine Nähe zu Allens Filmen. Deswegen würde ich davon ausgehen, dass sie mich beeinflusst haben, so wie etliche andere Regisseure auch. Wobei das weniger ein bewusster Prozess gewesen ist, über den ich konkret nachgedacht habe.
In „Gefühlt Mitte Zwanzig“ und zuvor in „Frances Ha“ haben Sie New York in den Fokus Ihrer Filme gerückt. Wie wichtig ist die Stadt für Sie als Filmemacher?
New York ist einfach mein Zuhause. Egal ob ich dort einen Film drehe oder privat durch die Straßen laufe. An der Stadt hängen für mich Emotionen. Den Figuren in meinem Film geht es genauso. Das ist die Welt, in der sie sich bewegen und mit der sie verwachsen sind, deswegen war es mir wichtig, ein realistisches Bild von New York einzufangen. Zumindest sehe ich die Stadt genau so, wie ich sie nun auf der Leinwand zeige.
Käme es für Sie in Frage, irgendwann das Independent-Kino hinter sich zu lassen?
In den Siebzigern wäre ein Film wie „Gefühlt Mitte Zwanzig“ vermutlich sogar von einem großen Hollywoodstudio produziert worden. Die haben nur heute leider kein Interesse an solchen Geschichten. Wenn sich das wieder ändern sollte, würde ich auch an einer Studioproduktion arbeiten.
Bleibt noch die Frage, die auch in „Gefühlt Mitte Zwanzig“ einem der Regisseure gestellt wird: Warum drehen Sie Filme?
Das ist die Art, auf die ich mich am besten ausdrücken kann. Ich mag den Prozess, einen Film von der ersten Idee bis zum letzten Schnitt zu realisieren. Das ist braucht sicher viel Durchhaltevermögen. Aber ich wüsste sonst nicht wohin mit meiner Kreativität. Malen kann ich nicht.