Die Stuttgarter Nobelherberge schließt Ende des Monats für mindestens drei Jahre. Der Ausbau hat schon begonnen – und erste Geheimnisse an den Tag gebracht.

In den letzten drei Tagen ist es noch mal ganz schön trubelig. Das TV-Team der „Soko Stuttgart“ hat sich für Dreharbeiten im Althoff Hotel am Schlossgarten einquartiert. Seit Dienstag wird gedreht, am Donnerstag fällt die letzte Klappe. Danach dreht der Hoteldirektor Ulrich Schwer den Schlüssel um, „und dann ist das hier kein Hotel mehr, sondern nur noch ein Gebäude mit Zimmern“, sagt er. Mindestens drei Jahre lang wird hier alles auf den Kopf gestellt.

 

In der John-Cranko-Lounge sieht es aus wie in einer Möbelabteilung. Die grauen Lederstühle aus der Zirbelstube werden ins Ameron Hotel Neuschwanstein umziehen. Die Holztische aus der Weinwirtschaft finden im Weingut Schloss Ortenberg eine neue Bestimmung. Der Flügel wartet noch auf einen Besitzer. Es ist Kehraus im Nobelhotel. Viele Möbel werden in anderen Häusern der privaten Hotelgruppe unterkommen. So wurden etwa 14 komplette Zimmer ausgebaut; sie sind jetzt in Davos in einem Mitarbeiterhaus. Inventar, für das es keine weitere Verwendung gibt, soll von Mitte Juli an im Haus verkauft werden, an alle, die sich dafür interessieren. Und Ulrich Schwer kann sich vorstellen, dass das einige sind.

Die Stadt ins Herz geschlossen

Er selbst muss beruflich für sich „schauen, wohin die Reise geht“. Er könnte sich gut vorstellen, im Unternehmen zu bleiben, und auch Stuttgart würde er nur schweren Herzens verlassen. Der Hotelchef wohnt fußläufig zu seinem Büro, die Söhne gehen ganz in der Nähe zur Schule. Vor allem aber hat der gebürtige Niedersachse die Stadt ins Herz geschlossen. „Man hat uns hier vor neun Jahren sehr gut aufgenommen. Ich mag die Topografie, die Menschen und das viele Grün“, meint er. Am liebsten würde Schwer im Sommer 2025 das neue Hotel am Schlossgarten eröffnen und leiten. Ob das klappt oder nicht, eines steht für ihn fest: „Ich bin am Eröffnungstag hier und fotografiere alles.“

Bis Ende Juli ist Ulrich Schwer noch im Haus, mit einem Miniteam kümmert er sich um die Abwicklung, etwa um den Weinflohmarkt auf der Terrasse nächste Woche von Mittwoch bis Freitag. Zu den besten Zeiten haben im Hotel am Schlossgarten rund 140 Menschen gearbeitet. Nach der schlimmsten Coronazeit waren es noch 90. Die meisten von ihnen haben bereits neue Jobs. Rund ein Drittel ist in anderen Althoff-Häusern untergekommen, ein Drittel hat sich in Stuttgart neu orientiert, ein Drittel arbeitet künftig außerhalb. Freie Stellen gibt es in der Hotel- und Gastrobranche ja bekanntlich im Moment mehr als genug.

Bevor Schwer als Komparse für die „Soko“-Dreharbeiten gebraucht wird, führt er noch kurz durchs Haus. Das Schlossgartenrestaurant ist bereits für das vorletzte Frühstück am Mittwoch eingedeckt. Die Gourmetadresse Zirbelstube ist so gut wie leer geräumt. Die Bilder an den Wänden, alles Originale, sind in Zeitungen verpackt und in Kartons gestellt. Sie kommen zu Thomas Althoff, dem Chef des Unternehmens.

Aus der Zirbelstube werden Zimmer

Noch sind rund 70 Zimmer belegt, am Donnerstag werden es vor dem allerletzten Check-out knapp 20 sein. Ein Hotelzimmer im vierten Stock ist bereits komplett entkernt worden. Dabei kam nicht nur die bröckelige Gebäudestruktur aus den 60ern zum Vorschein, sondern auch eine besondere Überraschung hinterm ausgebauten Wandschrank. Hier haben damals wohl Bauarbeiter zwei Pin-up-Poster von der „Sexy Reeperbahn“ aufgehängt. „Das Haus hat noch viele Geheimnisse“, mutmaßt Schwer.

Außerdem ist in einem Hohlraum neben dem Fenster eine Ausgabe der „Bild“-Zeitung vom Sommer 1983 aufgetaucht mit der Schlagzeile: „Weindorf-Viertele kostet 3,50 Mark“. Der Komplettumbau der Nobelherberge koste den Eigentümer, die LBBW Immobilien Gruppe, einen höheren achtstelligen Betrag, schätzt Schwer. Der Anbau mit der John-Cranko-Lounge wird abgerissen, um zur klaren Formensprache der 60er zurückzukehren. Das Restaurant samt der Zirbelstube wird zu Zimmern und Suiten umgebaut. Das Café wird zum Restaurant erweitert, das über zwei Stockwerke geht, da die Zwischenetage mit den Büros herausgerissen wird. Die Küche soll international ausgerichtet sein, so Schwer. „Aber wie weiß man, welches Konzept in drei Jahren funktioniert?“