Kurz vor Kriegsende ist Eugen Spilger von den Nationalsozialisten erschossen worden. In einem Straßentheater-Stück haben Mädchen und Jungen der Klasse 9a der Bertha-von-Suttner-Schule an dessen Schicksal erinnert.

Zuffenhausen - Ein lauter Knall hallt durch den Zehnthof, Menschen zucken erschreckt zusammen und blicken sich fragend an. Passiert ist glücklicherweise nichts: Das Geräusch symbolisiert einen Schuss, der wiederum Teil einer Theateraufführung ist. Mit dem Stück ist am Mittwochabend an Eugen Spilger erinnert worden, der kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs von den Nationalsozialisten erschossen wurde.

 

Am 17. April 1945 hatte sich Spilger mit dem Fahrrad auf den Weg gemacht, um seine Familie in Simmersfeld zu besuchen. Eigentlich lebten die Spilgers an der Colmarer Straße 19 in Zuffenhausen. Ehefrau Elise und der vierjährige Sohn Eugen waren aber nach Simmersfeld evakuiert worden, Eugen Spilger musste nach Neckartenzlingen ziehen, da die Kugellagerfabrik Norma, für die er arbeitete, dorthin ausgelagert worden war. Unterwegs wurde Spilger, damals 34 Jahre alt, vor Panzern gewarnt und von Tieffliegern angegriffen. Daraufhin kehrte er um und machte Station in einem Gasthaus. Dort sagte er vor Volkssturmmännern, dass der Krieg verloren sei und es um jedes weitere Opfer schade wäre. Das kam dem damaligen Kampfkommandanten des Volkssturms von Neckartenzlingen zu Ohren, und das Unheil nahm seinen Lauf.

Von Fanatikern erschossen

Drei Stationen hat das Straßentheater, das am Mittwochabend von Schülerinnen und Schülern der Klasse 9a der Bertha-von-Suttner-Schule aufgeführt wird: Die Treppe vor der Pauluskirche, die Colmarer Straße sowie den Zehnthof. Trotz immer stärker werdenden Regens haben sich einige Menschen eingefunden, um zuzusehen. Vor der Pauluskirche werden zunächst die Geschichte und ihre Protagonisten kurz vorgestellt, erschreckend wirkt vor allem die Stimme des Volkssturmkommandanten, der Spilger als „Volksschädling“ bezeichnet und brüllt, man müsse „kämpfen bis zum letzten Mann. Wer nicht mitmacht, wird hingerichtet.“

Direkt vor Spilgers ehemaligem Wohnsitz an der Colmarer Straße (dort ist ein Stolperstein für ihn verlegt) wird dem Beschuldigten ein Schild mit der Aufschrift „Ich bin ein übler Verräter“ um den Hals gehängt, während der Volkssturmkommandant sich ereifert und schreit, Spilger sei zu nichts nutze und man müsse ihn „zertreten“. Im Zehnthof schließlich findet die „Erschießung“ statt“ – angedeutet durch einen lauten Knall, der von außerhalb des Sichtfelds des Publikums die Luft zerreißt.

„Die Menschen sollen Geschichte über Geschichten erfahren“, sagt Anne von der Vring, die sich das Stück ausgedacht hat und auch die Regie führt. Das Straßentheater ist ein Teil des Projektes „StolperKunst“ des Vereins Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber. Mit dabei ist auch der Zuffenhäuser Verein Zukunftswerkstatt, der nach dem Stück noch Vorträge und Gedichte in der Zehntscheuer anbietet. Der zentrale Gedanke dabei ist klar umrissen, wie Harald Stingele vom Verein Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber sagt: „Kunst belebt Erinnerung.“