Die Anwälte der Hauptangeklagten Beate Zschäpe im NSU-Prozess waren nicht immer auf der Höhe des Verfahrens. Ein enges Verhältnis zur Angeklagten hat möglicherweise nie bestanden.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Simsek, Özüdogru, Tasköprü, Kilic, Turgut, Yasar, Boulgarides, Kubasik, Yozgat, Kiesewetter. Vielleicht muss man die Namen der mutmaßlichen NSU-Opfer doch noch einmal aufzählen, damit klar wird, was wirklich wichtig ist in diesem Verfahren am Münchner Oberlandesgericht: die Opfer und ihre Angehörigen haben, nach allem was passiert ist auf Mörder- und Behördenseite, einen Anspruch auf ein anständiges, korrektes Verfahren. Und, wenn es irgend geht, auf die Wahrheit.

 

Umgekehrt gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung für Beate Zschäpe. Sie hat das Recht auf ein faires Verfahren und auf angemessene Verteidigung. Das waren bis jetzt die Pflichtverteidiger Anja Sturm, Wolfgang Stahl und Wolfgang Heer, denen man nichts unterstellt, wenn man noch einmal nachzeichnet, dass sie sich zeitig so inszenierten, als gingen sie nicht nur in einen wichtigen Prozess, sondern spielten, wie für eine Fernsehserie, auch eine Hauptrolle: Sturm, Stahl und Heer schauten gerne unendlich cool und präsent aus den eng geschnittenen Anzügen und sorgsam gewählten Kostümen. Entschlossen.

Die Verteidiger hatten als Linie ausgegeben: Schweigen!

Entschlossen jedenfalls klang der Verteidiger Stahl, als er im letzten Frühjahr mit einigem Leuchten in den Augen sagte, eine solche „Chance“ und eine solche Öffentlichkeit wie bei diesem Prozess bekomme man als Anwalt nie wieder. Eine zeitgleich stattfindende Positionierung der Anwälte gab es freilich nicht. Heer ging mit der Ansicht in den Prozess, seine „private Meinung“ sei „vollkommen irrelevant“. Viele Beobachter hielten das schon damals für falsch, weil ein Verteidiger eigentlich nur aus der Distanz, aber eben auch mit einer dezidierten Meinung das ihm Mögliche für seinen Mandanten tun kann.

Zschäpes Verteidiger nun hatten von vornherein das Schweigen als Linie ausgegeben, was sie selbst mehr in den Mittelpunkt rückte. So suggerierten sie eine Schein-Nähe zu Zschäpe: medienwirksam wurde stets ein Halbkreis um die Hauptangeklagte gebildet, so lange Fotografen im Raum waren, man unterhielt sich oft gekünstelt lebhaft, scherzte häufig und teilte gerne und regelmäßig Pfefferminzbonbons oder Weingummi, was nun wirklich nicht hätte sein müssen. Inszeniert wurde eine Vertrautheit und Entschlossenheit, die wohl nicht bestand – und jedenfalls im Laufe der Verhandlung nicht in konsequente Aktionen der Verteidigung mündete. Nicht nur als der Zeuge Carsten S. den Anwälten zur Verfügung stand, mussten sich Sturm, Heer und Stahl von den Kollegen aus dezidiert rechtem Milieu, Nicole Schneiders und Olaf Klemke (der Verteidigung von Ralf Wohlleben), regelmäßig vormachen lassen, wie man seinen Job macht: mit Präzision, Schärfe, Verstand, aber auch mit Perfidie.

Will Zschäpe jetzt aussagen?

Zschäpes Verteidiger hingegen stellten nach sehr durchschaubaren und auch nutzlosen Platzhirschkämpfen mit dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl das Verteidigen im Grunde genommen ein. Häufig verfransten sie sich in der Erörterung nutzloser Details, deren Wichtigkeit mit einer gewissen Borniertheit behauptet wurde. Manchmal waren sie schlicht nicht auf der Höhe des Geschehens. Selten fanden sie, vor allem bildungsferneren Menschen gegenüber, einen Ton, der es gestattet hätte, etwas in Erfahrung zu bringen. Aus drei Rechtsanwälten wurden, wenn sie redeten, drei Rechthaber mit ostinatem Beleidigtheitsklang.

Schon länger sah man Beate Zschäpe oft leicht die Lippen zusammenkneifen, wenn ihre Verteidigung eine Möglichkeit verschenkte, ihre ohnehin wackelige Position zu stärken. Als Sturm, Heer und Stahl zuletzt gegenüber dem Zeugen und V-Mann Tino Brandt, der Zschäpe ziemlich deutlich als Frau mit Kopf und Courage herausgearbeitet hatte, wiederum nicht viel einfiel, mag Zschäpe, in deren Leben viele Entscheidungen ad hoc getroffen werden mussten, im Moment eine Konsequenz gezogen haben, die sie womöglich schon länger hatte ziehen wollen: indem sie die Verteidigungslinie verlässt (und am Ende vielleicht selber redet), beendet sie ein Verhältnis, das nach außen vertrauter wirkte als es offenbar nach drinnen jemals war.